EDOUARD MANET


EDOUARD MANET


Von G. J. Wolf


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ichts auf der Weltscheintheftigeren Schwan
kungen unterworfen zu sein als das Urteil über Werke der Kunst und ihre Schöpfer. Manets Beispiel lehrt dies mit bitterer Schärfe. Als der Künstler im Jahre 1859 seinen „Ab
sinthtrinker“ im „Salon“ zeigte, erhob sich ein Lärmen und Grollen, das immer brausender anschwoll, das zum Orkan wurde, als im Jahre 1865 im „Salon“ die „Olympia“ erschien. Manet war damit nicht nur künstlerisch, sondern auch gesellschaftlich unmöglich geworden. Als er im Weltausstellungsjahr 1867, gleich Courbet,
in einer Holzbaracke am Pont de l’Alma fünfzig seiner Werke vorwies, da erntete er Spott und Hohn; Presse und Karikatur fielen über ihn
her und begeiferten seine Kunst. Und so ist es geblieben, bis Manet am 30. April 1883, ein Fünfzigjähriger, die Pinsel für immer aus der Hand legte. Ein Häuflein treuer und ver
ständnisvoller Menschen, Kritiker, Maler und Kunstfreunde, stand wohl bei ihm — aber sie vermochten in die abweisend starre Phalanx einer mißgünstigen Majorität keine Bresche zu legen. Manets literarische Schildknappen, Baudelaire und Zola, wurden niedergezischt, wenn sie für den Meister ihre Stimmen er
hoben. Die Maler aber, die sich ihm anschlossen, die „Impressionisten“ genannt, die Andacht und Schönheit säeten, ernteten, ihrem
Vorbild gleich, Hohn und Verachtung .... Das Jahr 1884 brachte den Umschwung. Es gelang Manets Freund Antonin Proust, der als Abgeordneterderherr
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Künste—es war damals Jules Ferry — das Lokal
CLAUDE MONET UND SEINE FAMILIE (1874)
BILDNIS EDOUARD MANETS aus einem Gemälde von Fantin-Latour