der „Ecole des Beaux-Arts“ abzuringen für eine Gedächtnisausstellung, die alle erreichbaren Gemälde Manets, 179 an der Zahl, vereinigte. Das Publikum, nicht unterrichtet, wie diese Ausstellung zustandegekommen, sah in dem offi
ziellen Lokal sozusagen auch eine offizielle Rehabilitierung des Künstlers und entschloß
sich also zu einer Revision auch seines eigenen Urteils, das, kritiklos immer und immer wieder heruntergeleiert, stereotyp geworden war und Manet zu den Stümpern warf. Vielleicht hatte inzwischen auch die Zeit das Ihrige getan: kurzum, man entdeckte mit einem Schlag sein Herz für diesen Verfemten. Die Leute, die bisher zu Delaroche, zu Leföbvre und Bouguereau gebetet hatten, entschlossen sich, hinfort auch Manet gelten zu lassen. Mit Ein
schränkungen natürlich und unter ganz bizarren Prämissen. Und sicherlich nicht aus Herzensgrund, sondern weil ihnen ihr pfiffiger Ver
EDOUARD MANET DER ABSINTHTRINKER (1859)
stand eingab, man müsse da mitgehen, denn über kurz oder lang werde Manet „in Mode kommen“ und da wollte man doch bei denen sein, die die Ersten in der Erkenntnis ge
wesen. Unter solchen Auspizien fand am 4.
und 5. Februar 1884 die berühmte Vente Manet im Hotel Drouot statt. Die Bilder Manets gingen zu Preisen weg, welche die Erwartun
gen Durets und Durand-Ruels weit übertrafen. Die kunsthändlerische Hausse Manets kündigte sich an. Man nahm im ganzen über 116 000 Franken ein: heute für eine ganze Serie Manet
scher Bilder eine lächerlich geringe Summe, damals eine Ueberraschung. Für die „Bar
aux Folies-Bergöre“ wurde der höchste Preis erzielt: 5800 Franken. Als das nämliche Bild, das in die berühmte Pellerinsammlung gelangte, jüngst durch alle Kunststädte der Welt ging, war als Preis eine Viertelmillion angesetzt, und wie die Dinge heute auf dem Kunstmarkt liegen, war diese Summe nicht zu hoch gegriffen.
Seit 1884 also wurde die Hülle der Mißgunst, die sich um Manet gelegt hatte, zu
sehends durchsichtiger. Trotzdem entbrannte noch einmal ein scharfer Kampf um ihn oder vielmehr um eines seiner Werke. Es war im Jahre 1889. Im Hauptsaal des Kunstpalasts der Pariser Weltausstellunghingen sechs Manets; darunter der „Bon-Bock“ und die „Olympia“ — jenes Bild, das Manet für Lebenszeit un
möglich gemacht hatte. Ein Amerikaner wollte das Gemälde von der Witwe des Künstlers kaufen. Sargent trat damals hervor und vereitelte den Kauf. Das Werk müsse Paris er
halten bleiben und in eine öffentliche Galerie aufgenommen werden, sagte er. Und er tat sich mit Claude-Monet zusammen, man eröffnete eine Subskription und brachte von 87 Ver
ehrern der Manetschen Kunst 20 000 Franken auf, um welche Summe das Gemälde von Frau Manet gekauft wurde. Als man dann das Bild dem Minister für das Luxembourg anbot, er
hob sich noch einmal ein Wutschrei. Die Generation von 1865 war noch nicht ganz ausgestorben, und sie wehrte sich aus Leibes
kräften dagegen, daß ein Bild, das man 25 Jahre zuvor als frechen Faustschlag empfunden hatte, nun durch die Aufnahme in die Galerie des Staates eine öffentliche Sanktion erfahren sollte. Indessen richtete sich ihre Wut nur gegen dieses Gemälde im besondern, nicht gegen Manet überhaupt. Denn seinem „Bon Bock“ wollte man den Eingang durchaus nicht verwehren, dem wollte man gerne freundlichen Willkomm bieten. Manets Freunde, dem Meister gleich Feinde der Halbheit, bestanden in