МИС.
	Organ
der deutschen Kunsivereine,
	meltung
	fiir bildende Kunst und Baukunst.
	Unter Mitwirkung von
		Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Dusseldor! — Schnaase
in Berlin — Schulz in Dresden — FGrster in Minchen — Eitelberger v. Edelberg in Wien
		Stsinhausers Goethestatue.
	Ks ist ein beklagenswerthes Geschick, dass fast alle Ver-
suche der bildenden Kunst, Goethe’s geislige Grésse der deut-
schen Nation durch ein Denkmal, das seiner Dichterweise wir-
dig ware, zu veranschaulichen, missgliickt sind. Ueberall wer~
den wir im besten Falle an die gemeine Wirklichkeit erinnert,
innerhalb welcher auch cin solcher Genius zu verweilen und
auszuharren gendthigt gewesen ist. Und doch méchlen wir ge-
rade dieser irdischen Verhaltnisse bei solcher Gelegenheit lie-
ber vergessen. Ja, wir haben ein Recht, von der Kunst zu
fordern, dass sie uns den Trank der Lethe reiche und uns
einfiihre in jenes ewige Bereich, in welchem der Liebling der
Musen und Grazien von jeher unsichtbar verweilt hat.

Eine Apotheose des Dichters thu! uns noth, wenn wir
auch praktisch aus einer solchen Stiftung zu Ehren seines бе-
dachtnisses den Nulzen haben sollen, den man stets allein bei
Errichtung ahnlicher Denkmaler vor Augen haben miisste, wollle
man die gemeine Ansicht widerlegen, der zufolge ein Schul-
gebiude oder selbst ein 6ffentliches Wasch- oder Badehaus,
an das der Name des grossen Manues irgendwie anzuheften
wire, dem hohen Zweck ebenso gut und besser entspricht.
Denn geschieht nicht wirklich etwas Reelles zur Verherrlichung
des Geistes, den man durch Errichtung eines Monumentes ehren
will, so behalten diejenigen Recht, welche behaupten, dass
die Kunst am Ende wenig dabei zu thun habe. Man wiirde sie
wenigstens sehr gut dabei entbehren konnen und in manchen
Fallen méchte ein Pamphlet ebenso wohl geniigen, dem Drang
des Augenblickes Luft zu machen, als cin solcher banausisch
modellirter -Haufen Kanonenmetalls.

Die Statue, tiber welche wir Bericht abzustatten im Begriff
sind, ist geeignet, jenem hohen Zweck zu entsprechen. Die
Idee zu derselben, schén krystallisirt, durchsichtig und edler
Substanz, rihrt von einer Frau her, welche dem Genius des
unvergleichbaren Dichters nahegestanden, in voller géttlicher
Begeisterung mit reiner Liebe angehangen und mit sibyllinischer
Sehergabe seine Pfade hereitel hat, als der Verstand der Ver-
slandigen noch keineswegs zu der Erkenntniss seines wahren
Werthes vorgedrungen war. Es ist der Entwurf der Freifrau
Bettina von Arnim, welchen der Kiinstler seiner Arbeit in
einer Weise zu Grunde gelegt hat, wie sich in der Kunstge-
schichte nicht gar vicle ahnliche Beispiele vorfinden wiirden.

И. Jahrgang.
	redigirt von Dr. F.. Eggers in Bertin.
	Montag, den 17. Februar.
	Er hat ihn mit einer Liebe und Sorgfalt behandelt, welche wir
sonst nur bei denen finden, welche ein Gebilde, das ihnen un-
erreichbar erscheint, bis in alle Einzelheiten treu nachzuahmen
suchen. Hicr hat ein solches Bestreben einer wahrhaft posili-
ven Krilik eine Entfaltung der Idee zur Folge gehabt, ganz der
ihnlich, welche echle Cultur erzielt, sobald sie sich des im
Saatkorn erwachenden Lebens mit weiser Firsorge annimmt,
Ein machtiges Kunstwerk ist vor uns aufgeschlossen und wir
slaunen ob des Wunderbaumes, der sich zu dem Kern jener
Geistesfrucht bekennt, wie der Eichbaum zur Eichel, aus der
er hervorgeirieben ist. Das Kind, welches die Meister der
Weisen verlacht hatten, erfreut sich der Wucht der Zweige,
die es nicht blos sonnenwarts emportragen, sondern auch ge-
gen den Sonnenstich entstellten Ruhmes beschattend schiitzen
konnen. Der Zweck ist erreicht: wir sehen den nimmer altern-
den Sanger vor uns thronen in jenem Ernst der Begeisterung,
der jedes seiner Werke adelt. Seine Leier schweigt, aber die
Saiten riihren sich wie die der Aeolsharfe.

Dieses Fortklingen der goldenen Harfenstringe ist wunder-
bar schén und ebenso wahrheitsgemiiss motivirt durch das Er-
scheinen der Psyche, der ewig kindlichen, welche mit naiver
Lust dieselben greift, aber verstohlener Weise, wie Kinder es
zu thun lieben, so dass der Dichter die Anwesenheit dieses
hehren Wesens kaum zu ahnen scheint. Diese Gestalt ist von
einer sehr zarten, edlen und anmuthreichen Ausbildung. Trotz
dem, dass sie ganz unbekleidet ist und dem thronenden Dich-
lerkénig kaum die Kniee tberragt, setzt sie seinen machtigen
Kérperbau von dem einen und dem andern Standpunkt aus in
Schatten und wir werden an die Weltseele erinnert, die Goethe,
wenn er von der Anstrengung seiner Lieder ruhte, so gerne
	  aufdem Wege wissenschaftlicher Untersuchung heraufzubeschwo-
	ren liebte. Vor allem aber erinnert sie uns an jene neckische
	  Zuleika, die sich oft unbequem an ihn herandringte, deren Har-
	fengeklimper er aber dennoch in héhereewige Accorde zu
fassen, wie durch cine unsichthare Gewalt gendthigt ward.
Aehnlich, wie sich die Lieder des west-éstlichen Divans zu
den Aufzeichnungen in dem Briefwechsel eines Kindes verhal-
ten, stellt sich nun Steinhauser’s colossale Gruppe zu der Skizze
der Frau von Arnim, deren Wiirdigung einen einsichtsvollen,
erfahrenen Kinstler verlangte. Um aber das zu erreichen, was
wir hier erzielt sehen, bedurfte es auch jener Liebe und Be-
geisterung, die sich durch nichts zurickschrecken ldsst und

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	Jie hier die Feuerprobe der drangvollen Jahre 1848 und 1849
”