wenn tas Ganze nicht ein lappisch buntes Ausséhn erhalten sollte, ein gemeinsamer Styl gewihlt werden. Dieser durfte auch weder modern, noch romantisch sein, da es galt, antike Gemalde aufzustellen und dann mit ihnen in Harmonie zu bleiben. Hillensperger hat sich mit Hilfe der pompejanischen Wandge-~ malde einen eignen Styl fiir seine Darstellungen gebildet, dem man seine Quelle sogleich ansicht, ohne auf irgend eine Copie oder Nachahmung zu stossen. In der That ist die antike Sprache als eine Jebendige und mit Freiheil gehandhabt. Nur bei land- schaftlichen Stellen hat der Kinstler der Versuchung nicht wi- derstehen kénnen, clwas von dem Gefiihl der Gegenwart in seine Bilder zu tragen, von dem die Kunst der alten Griechen allem Anschein nach nichts gehabl hat. Ziirnen wird ihm Nie- mand darum; denn unharmonisch ist es nicht. Die Gemalde selbst sind mir nicht bekannt. Die Aquarell- zeichnungen sind mit vielem Geschmack behandelt; nicht auf- fallend charakteristisch in der Zeichnung, aber zart und ange- nehm im Farbenton und in der Zusammenstellung der Farben. Jedenfalls bleibt dem Kinstler der Ruhm, mit grosser Geschick- lichkeit sich unversehrt durch die Klippen und Untiefen seiner Aufgabe gebracht zu haben. ef. Studien zur Geschichte der mittelalterlichen Kunst in Niedersachsen. Yon W. Libke. . Schon Iriher war es mir vergoénnt, in diesen blattern uber eine Anzahl von niedersachsischen Kirchenanlagen der romani- schen Periode Notizen zu geben (VYgl. Deutsches Kunstblatt 1850, No. 20. u. 21). Indem ich neue Mittheilungen tiber Werke jener Friihzeit der vaterlandischen Kunst hinzufige, glaube ich so- wohl fiir die Kulturgeschichte des deutschen Mittelalters, als auch besonders fiir die Geschichte der deutschen Baukunst einen nicht bedeutungslosen Beitrag zu bieten. Nicht auf einseitiger Vorliebe beruht die Beschaftigung mit jenem vielfach noch unentwickelten Styl. Wie eine den- kende Naturbetrachtung mit gespannter Aufmerksamkeit die Entwickelungsprozesse -in der Welt des Naturschaffens verfolgt, wie sie mit liebevoller Freude aus den niedern, unvollkomm— neren Stufen die héhern, vollkommneren hervorgehen sieht: so gewihrt es uns nicht geringeren Genuss, auf dem Gebiete der grossartigsten Kunstgebilde, welche der menschliche Geist ge- schaffen, der archifektonischen, die Formen und Gesetze zu erkennen, durch welche das beschranklere Prinzip antiker Bau- weise vermige der Arbeit von Jahrhunderten sich in die frei- esten, hichsten Gebilde des gothischen Spilzbogenstyles ver- wandelt hat. Die Basilika ist bekannilich die Grundform, an welcher alle jene Verdnderungen zur Erscheinung kommen; nirgends aber ist die ganze Reihe der Verwandlungen von der einfachsten flachgedeckten Basilika bis zum complicirlesten go- thischen Dome stetiger, nirgends sind die einzelnen Glieder der Kette zusammenhdngender, als gerade auf deutschem Boden. Wahrend der Gewdlbebau im noérdlichen Frankreich frither auf- tritt als in Deutschland, so dass er von unsern Vorfahren dort- her entnommen wurde, fehlt jene Phase der Metamorphose, welche, auf der Grenze zwischen romanischem und gothischem Styl gelegen, wohl mit dem Namen des Uebergangsstyles bezeichnet wird, dort grésstentheils, bildet dagegen in Deutsch~ land eine ganze Klasse von Gebdéuden, darunter sehr hervor- ragende. Die asthetische Bedeutung des romanischen Styles liegt schon in seiner geschichilichen Stellung ausgesprochen. Шп konnte man fiiglich im héheren Sinne einen Uebergangssty] nennen: er Jeitet aus der antiken Baukunst in die gothische hiniber, aus dem Prinzip der Horizontalen in das der Verti- kalen. Zuerst ist er durchaus noch ein Sohn der Horizontalen, weder in Gesammlanlage noch im Detail seinen Ursprung уег- leugnend. Die Bewegung des Halbkreisbogens, wie sie in den Arkaden des Langhauses vorkommt, ist nur ein wellenférmiges Vibriren der Horizontallinie, deren Geselz durch den die Ar- kadenbogen nach oben abschliessenden Sims, so wie durch die flache Decke der Schiffe energisch ausgesprochen wird. Den merkwiirdigen Entwickelungsgang, welechen der deutsche Geist in Umgestaltung jener fremdher tibertragenen Bauform, der Basilika, genommen hal, zeigt unter allen deutschen Gauen am deutlichsten das alte Sachsenland. Wahrend die ibrigen Linder, die mit der innerlichen Norm auch die dusserliche Form der Kirehe von Rom her empfangen hatten, das bauliche Schema mil vorwiegender Einseitigkeit umbildeten, erkennt man beim Deutschen auch hierin wieder die mehr kosmopolitische Ge- wandtheit, mit der er sich in jeder Unterart der Grundform versucht, die lebendige Mannichfalligkeit seiner mehr indivi- dualislischen Richtung, die in so manchen eigenthiimlich origi- nellen Umbildungen sich offenbaret. So finden wir auf dem engumgrinzten Gebiete, welches die Abstufungen des Harzes umfasst, jede erdenkliche Form der romanischen Basilika ver- ireten. Die primilive altrémische Anlage, die nur die drei Langschiffe kennt, scheint zwar im Norden keinen Anklang ge- funden zu haben oder frihe schon verdrangt worden zu sein; dennoch zeigt sie sich in der Kirche zu Bursfelde an der Weser. Das Querschiff erst bot Gelegenheit, die Einformigkeit, die in dem Parallelismus des Hauptschiffes und der beiden Ab- seiten Jag, zu unterbrechen. Wagt es in wenigen Anlagen, wie in Frose, nach aussen noch gar nicht sich gellend zu machen, oder nur unmerklich, wie in Gernrode, so trilt es bei der grossen Mehrzahl mit starker Ausladung aus dem Kerne des Langhauses hervor. Noch reicher wird in einzelnen Fallen die Durcharbeitung des Grundrisses, wenn die Seitenschiffe sich uber den Querfligel hinaus neben dem Hauptchore fortsetzen; in solchen Anlagen krént dann der Schmuck eines ausge- bildeten Systems von Halbkreisnischen, jede kleinere eine Vordeulung oder ein Nachklang der grossen Hauptaltarnische, das Werk. Aehnliche Mannichfaltigkeit waltet in den stiitzenden Glie- dern, welche die ‘parallel Jaufenden Raume des Langhauses tren- nen. Die urspriingliche Form der reinen Saulenbasiliken treffen wir in unserm Norden sellen; Paulinzelle, Hamersleben, die Kirche des Moritzberges bei Hildesheim méchten in diesen Gegenden die cinzigen Beispiele sein. Bald aber verbindet sich die glanzende, zierlich schlanke Tochter des Siidens, die Saule, mit dem strengen, einfachkraftigen Sohne des Nordens, dem Pfeiler; zunichst in der Weise, dsss immer zwischen je zwei der Saulen cin Pfeiler in die Reihe cingeschoben wird. Hier tiberwiegt noch das mehr sinnlichschéne Element; der noch jugendlich ungeregelten Phantasie wird der weiteste Spielraum gebolen; mit tippiger Fille bedeckt sie bald jedes geeignete Platzchen, besonders die Kapilaéle der Saéulen. In den Maassen, den Abstanden, der Anordnung und Stellung von Pfeilern und Saulen herrscht daher auch bei den Monumenten dieser Art die meiste Willkitr und Regellosigkeit. Die hieher gehérigen Kirchen sind durchweg aus dem 10. und 11. Jahrh. S. Gode- hard und der Dom in Hildesheim machen nur scheinbar eine Ausnahme, da sie sich auf das Beispiel der grossartigen Michaelskirche stiitzen. — Gleichzeitig mit dieser Gatlung und in ungefahr gleicher Ausdehnung neben ihr wird die andre Form ausgebildet, die je einen Pfeiler mit einer Saéule wechseln 7%