Ad. Pho. Ech, Akt und Scene, nebst den Anfangsworten der
letztern angeschrieben. Die Beifiigung der Namen auf der Zeich-
nung war ein spiterer Einfall des Bestellers und konnte offen-
bar von dem Holzschneider nicht ohne Beihiilfe ausgefiihrt wer-
den. Der Schniltt ist grob und roh und giebt keine Idee von
der Feinheit der geistreichen Zeichnung, welche zwar noch alle
Scharfen der altdeutschen und namentlich der altrheinischen
Weise hat, aber den mannigfaltigsten, sprechendsten Ausdruck
mit der lebendigsten und freiesten Bewegung vereinigt; eine
geistreiche Dramatik, welche das modernste Auge mit den alt-
deutschen Harten versdhnen muss,

Wie dieser merkwiirdige Rest der alten Holzschneidekunst
in die Basler Sammlung gekommen ist, geben einige Notizen
auf den Holzstécken diirftigen Aufschluss. Auf dem dritten
Stocke zur Andria steht Basilius Amerbach; dieser zweite Be-
sitzer und Mehrer der Amerbach’schen Sammlung hatte demnach
die Stécke aus einer Officin, wo sie unbenutzt liegen geblieben
waren, an sich gebracht und sie waren ihm von befreundeter
Hand tiberlassen worden, denn auf dem neunten Stock zur
Schwiegermulter steht: ,Min frintlich Gruos und alles Guots *.
Dagegen muss der anderweitige Ursprung und zwar zunachst
der Zeichner durch Vergleichung ermittelt werden. Diese aber
fiihrt durch die sprechendste Aehnlichkeit der Gestalten und Ge-
sichter, der gewundenen Haltung und gezierten Bewegung,
durch die wunderlichen Zuthaten zu der Tracht der Zeit, wie
durch den Charakter der Handlung und die Anordnung der Grup-
pen auf den Zeichner des Narrenschiffs und zwar mit solcher
Evidenz, dass die Vergleichung eines Stocks gentigen sollte,
die Identitét des Meisters zu erweisen. Der Sclave Davus in
der beifolgenden letzten Scene des fiinften Akts der Andria ist
ganz dieselbe Person, welche im Narrenschiff als Doktor am
Krankenbette im 38sten, als der Undankbare im 58sten, als
Tanzer rechts vom Kalbe im 60sten, als der Prediger der Weis-
heit mit dem Buche im 106ten Narren wiederkehrt, und zwar
mit Gesichtsziigen und Kleidung, nicht blos mit der sonderbaren
Kegelmiitze. Der mit abstehenden Zweigen bekranzte Carinus
aber wiederholt sich im Narrenschiff als der Freier um Giits
willen im 51sten Narren, zutreffend bis auf die gebogene Nase
und die ausgerundeten Wangen. Pamphilus endlich tragt die
mit aufstehenden Federn besteckte niedere Маше, уе der Edel-
mann im 8isten Narren, der den Dreispitz in den Sack stésst.
Die landschaftlichen und staddtischen Hintergriinde gleichen sich
bis auf Einzelnheiten, so dass sich z. B. die Bauernhitten des
{4ten Narren, die Thirbeschlage des 53. 61. 105ten Narrenbil-
des tauschend alnlich auf unsern Terenzischen Holzstécken wie-
derholen.

Ist die Zeichnung unserer Holzstécke von dem Zeichner
der Narrenbilder, so waren sie ohne Zweifel fiir die Berg-
mann’sche Officin zu einer nicht zu Stande gekommenen Aus-
gabe des Terenz bestimmt und sind nach dem um 1506 er-
folgten Tode Bergmann’s an eine andere Basler oder Strass-
burger Officin ibergegangen, von der. sie dann Basil. Amerbach
an sich gebracht hat. Selbst mit Seb. Brant méchte ich dieses
projektirte Holzschnittwerk, gleich den wtbrigen ausgefiihrten
Werken der Bergmann’schen Officin in Verbindung bringen; es
gilt wenigstens auch fiir diese Mlustration eines vor 1500 noch
nicht in deutscher Uebersetzung exislirenden lateinischen Dich-
terwerkes die allgemeine Bemerkung, dass ohne vorzeichnende
Beihiilfe eines Gelehrten der Kiinstler nicht im Stande gewesen
wire, die 137 Scenen sachgem4ss zu entwerfen und die han-
deInden Personen ihrem Charakter entsprechend darzustellen.
Auf Brant speciell aber weisen gewisse phantastische Costiim-
zuthaten, wie die Kop{bekranzung mit abstehenden Zweigen, die
doppelt gehérnte Miitze, welche einen Turban vorstellen soll,
	die Hindeutung, dass ег sogar deren Bildnisse beigefigt habe.
Unzweifelhaft aber beweist der Beisatz: Verachter seiner Verse
oder des Lesens Unkundige kénnen dann wenigstens ,im Mo-
len“ ihr Wesen sehen, dass von den Narrenbildern die Rede
ist, die er , gemacht“,

Es wire schwer, durch blosse Vergleichung die Hand Seb.
Brant’s in den nach seinen Vorzeichnungen gearbeiteten Holz-
schnittwerken der drei genannten Officinen wieder zu erkennen,
Sie haben nicht viel mehr, als die allgemeine Manier der Zeit
und insbesondere der altelsdssischen Schule mit einander ge-
mein. Nur einige phantastische Zuthaten kehren durchgreifend
wieder, namentlich solche, welche klassische Dinge vorstellen
sollen, wie z. B. die mit Zweigen besteckten Kopfbekranzungen,
die erkerartigen Schiffsschnabel u. dgl., was die Kiinstler fiir
antiquarische Wahrheit nehmen. Dagegen tragen die Holzschnitt-
werke jeder Officin einen eigenthiimlichen, sehr ausgesproche-
nen Charakter, welcher offenbar auf Rechnung der zur Ueber-
tragung der Zeichnungen auf die Holzsticke yerwendeten Kiinstler
kommt, welche dabei mit grosser Freiheit verfahren durften.
Die Vorzeichnungen Brant’s bestanden also wohl in blossen
Skizzen und waren mehr hieroglyphische Zeichen als kiinstle-
rische Vorbilder; sonst hatte ihr kiinsUerischer Typus, wenn er
in férmlicher Zeiclinung ausgeprigt gewesen ware, unfehlbar
in den verschiedenen Nachzeichnungen durchschlagen miissen.

Der Holzschnilt selbst endlich ist nicht blos in den ver-
schiedenen Officinen von verschiedener Art und Kunst, sondern
zeigt auch in den einzelnen Holzschnittwerken sehr verschiedene
Hande, so namentlich in den Narrenbildern, woran wenigstens
vier verschiedene Schneider beschaftigt waren; denn es unter-
scheidet sich ein scharfer feiner Schnitt mit mannigfach ge-
krimmten und abgestuften, anschwellenden und abnehmenden
Linien, z.B. in dem 6.7. 14. 49. 51. Narren, von einem ganz
rohen, ungeschickten, plumpen in dem 1. 3. 4. 9. 11ten und
wieder ein sehr einfacher und kraftiger, fest und natirlich
zeichnender Zug des Schneidemessers in dem 2. 5. 12ten von
einem geschlingelten und gewundenen, mit groben gleichfér-
migen Linien in dem 8. 10. 12. 16. Narren п. 5. f.

Von dem ausgezeichneten Zeichner der Bergmann’schen
Officin, dem die Narrenbilder ihre Rundung und Bewegung, wie
den Reiz ausdrucksvoller Naivetéat verdanken, existirt in der
éffentlichen Kunstsammlung der Stadt Basel ein héchst merk-
wiirdiges Denkmal der alten Holzschneidekunst, welches zu-
gleich dazu dient, einen unmittelbaren Blick in die Technik des
allen Holzschnitts zu erdffnen, namentlich die mehr blos ver-
mutheie, als nachgewiesene Uebertragung der Zeichnung auf
die Holzstécke zum Behuf des Schnittes thatsachlich vor Augen
zu legen. Es sind das 139 Holzstécke zu Terenz, namlich aus-
ser dem ein Theater vorstellenden Titelblatte in kl. Folio und
dem Bilde des in offener Landschaft schreibenden Terenz: 26
Holzstécke zur Andria, 23 zum Eunuchen, 21 zum Selbstqualer,
27 zu den Briidern, 22 zum Phormio und 18 zur Schwieger-
mutter. Die Zeichnungen sind mit feiner Feder in leicht sehat-
tirten Umrissen auf den Holzstock aufgetragen; die Holzstécke
waren leicht mit Kreide grundirt, was wohl den doppelten
Zweck hatte, die Zeichnung zu heben und das Ausfliessen der
Dinte zu verhindern. Die Mehrzahl ist noch unberihrt; nur
12 Stécke nebst dem Titelblatt sind fertig geschnitten, bis auf
die Namen der Personen, wozu neben, unter oder tiber den-
selben Holzstitckchen stehen geblieben sind. Auf den Zeich-
nungen stehen keine Namen, ungeachlet die Personen dem Zeich~
ner bekannt waren, indem die Gestalt, das Gesicht, die Klei-
dung, der Charakter derselben in allen Scenen, worin sie vor-
kommen, aufs treffendste festgehalten ist; nur auf der Riick-
seite des Holzstockes ist das Stiick, abgekiirzt zu An. Eu. He.