ren, sehr wenig ist. Im Ganzen genommen (so viel ein Нйсв-
tiger Besuch von wenigen Stunden ein solches Urtheil zulasst)
scheint uns die heurige Ausstellung denen der letzten Jahre
kaum nachzustehen, aber auch keineswegs sich tiber dieselben
zu erheben, indem unter den Werken der Malerei, die durch
ihren Gegenstand der héchsten Gattung, der historischen Ma-
lerei, angehéren, kein einziges sich findet, das sich durch hohe
Vortrefflichkeit auszeichnete oder auch nur entschieden vor den
andern den Preis davontriige; die beiden hervorragendsten Bil-
der der Ausstellung aber, Rosa Bonheur’s ,,Pferdemarkt von
Paris“ und Fr. Winterhalter’s ,,Florinde“ (welches letztern
wir schon friiher Erwahnung gethan haben), dieser héchsten
Gattung nicht angehéren. Was sich ausser diesen zunachst aus-
zeichnet, ist ebenfalls wieder eine grosse Landschaft mit Vieh,
von Troyon, und eine Landschaft von Theodor Rousseau;
drei Frauenbildnisse (darunter das der Kaiserin Engénie) von
Ed. Dubufe, je drei Genrebilder von Meissonier und Ar-
mand Leleux, und eine Pastelizeichnung von Maréchal in
Metz. Grosses Aufsehen aber macht ein Genrebild von Lud-
wig Knaus aus Wiesbaden, einem ganz jungen, noch nie zu-
vor genannten Kiinstler, dem ein einziger Tag die Bertihmtheit
brachte, wonach Tausende jahrelang vergebens ringen. Sein
Bild ,,der Morgen nach einer Dorfkirchweih“ ergreift und fes-
selt durch tiefe Beobachtung von Seelenzustinden und durch
vortreffliche Charakterislik, Andr. Achenhach hat ein See-
stick eingesandt, dem aber bisher ein sehr schlechter Platz zu
Theil geworden. Am 15ten des nachsten Monats erst wird —
ausnahmsweise — ein Bild auf die Ausstellung zugelassen wer-
den, welches der Kinstler zu spat hierher brachte, dann aber
vorzog, in einen den Tuilerien zundchstgelegenen Saal des Lou-
vre zu bringen, wo der Kaiser es sah und auch augenblicklich
ankaufte. Es ist dies die ,,naichtliche Heerschau“ (nach dem
Zedlitz’schen Gedichte) von Fedor Dietz in Munchen, ein
Bild, dessen Ruf sich schon iiber Deutschland hinaus verbreitet
hatte, und dem auch hier die Offentliche Anerkennung nicht
fehlen wird, Demnach kénnten wir beinahe behaupien, dass
dieses Jahr deutsche Kunst oder wenigstens deutsche Kiinstler
den Vorrang behaupten, trotz ahnlichen Anspriichen von Seiten
der Belgier, welche allerdings bedeutende Krafte in’s Feld ge-
stellt haben: Gallait, Willems, A. und J. Stevens, van
Moer etc., fast simmtlich jedoch in Frankreich gebildet. Wir
dirfen aber nicht vergessen, dass dieses Jahr fast alle be-
rithmten und bekannteren Namen fehlen, indem die alteren Mei-
ster den Salon je mehr und mehr verlassen. Nicht nur Ingres
und Ary Scheffer, Delaroche und Hor. Vernet, Léon Cogniet
und Decamps, Hipp. Flandrin und Schnetz ), Alaux und Aug.
Couder sind unter den Abwesenden, sondern auch Gudin, Diaz,
Roqueplan, Isabey, Couture, Charles Miiller, unter den Bild-
hauern: Barye, David, Triqueti, Rude u. s. w.

Schliesslich bemerken wir noch, dass der unentgeldliche
Таги! хат Salon immer mehr beschrankt wird, indem zunachst
die ersten acht Tage, dann jeden Montag von 1—9 Uhr,
jeden Donnerstag von 10—4 Uhr und jeden Morgen von 8—10
Uhr cin Franken Eintrittsgeld entrichtet wird. —

Wir behalten uns die nihere Besprechung der einzelnen
vorziiglicheren Werke der diesjahrigen Ausstellung vor.
	Paris, 16. Mai.

OL.
	1) Vict. Schnetz ist vor wenigen Tagen an seinen Posten nach Kom
abgegangen, wo er zum Direktor der franzdsischen Kunstakademie (zum
zweiten Male), an die Stelle von J. Alaux, ernannt ist.
	dauert als das Provisorische, wo nichts Bestand hat als der
Unbestand, Nach der Ausstellung des Jahres 1848 aus der Ga-
lerie des Louvre, wo sie keineswegs an ihrer Stelle waren,
ausgewiesen, fanden die Hervorbringungen der lebenden Kiinst-
ler, im Jahre 1849, eine Zufluchtstaétte in dem leerstehenden
Sitze des abermals vertriebenen Kénigsthums, den Tuilerien.
Diese Stelle zu behaupten, konnte sich die Kunst unmdglich
schmeicheln, zudem ward auch das Licht ganz ungtinstig be-
funden; man fasste daher den Entschluss, das Palais royal fiir
diesen Zweck umzugestalten, und die Ausstellungen von 1850/51
und von 1852 fanden auch in diesem, seiner neuen Bestimmung
vorirefflich angepassten Palaste Stait. Paliste sind aber jetzt
nicht Janger mehr entbehrlich: Prinz Jeréme, der Oheim des
Kaisers, sollte diesen beziehen, und so wurde, im Augenblick,
wo man die Zuritistungen fiir die neue Aussiellung beginnen
wollte, dem Ministerium die Weisung ertheilt, fiir ein anderes
Lokal zu sorgen. Die nachste Folge davon war die nothwendige
Verschiebung des Salon und dessen Verspitung um zwei Monate.
Das neue Lokal aber wurde in dem der Krone gehérigen Ge-
baude der menus plaisirs, im Faubourg Poissonniére, gefun-
den, dessen gerdéumiger Hof; von den Werkstatten der Theater-
dekorationsmaler umschlossen, das ganze, aus Balken, Bret~
tern und Leinwand zusammengefiigic, provisorische Gebaude,
mit Mittelsaal und Seitengalerien, so wie es im Hof des Palais
royal gestanden, aufnahm, Die Vertheilung des Raumes ist da~
her ganz dieselbe, wie friher, mit Zugabe von ecinigen anderen
Galerien, welche die zahlreichen kleineren Sale und Zimmer
des ersten Stockes im Palais royal ersetzen und somit den Vor-
theil grésserer Bequemlichkeit und den der durchgehenden Be-
leuchtung von oben gewdhren. So viel von der Oertlichkeit,
welche demnach wenig zu wiinschen tibrig ldsst.

Was nun die aufgenommenen Kunstwerke betrifft, so ist
deren Zahl, mit geringem Unterschiede (eilf mehr), dieselbe
wie im vorigen Jahre; doch sind an Gemalden 72 weniger als
im Jahre 1852; von Werken der Bildhauerei dagegen, deren
Aufstellung weniger Flachenraum erfordert, 61 mehr aufge-
nommen. Die von jedem Kiinstler einzusendenden Werke wa-
ren wieder, wie im vorigen Jahre, auf héchstens drei be-
schrinkt worden. Dennoch, heisst es, wurden an Bildern allein
nicht weniger als 4250 eingesandt, demnach, da nur 1208 auf-
genommen, uber 3000 gzurtickgewiesen, was die Zahl der Un-
zufriedenen, unter den Malern allein, im giinstigsten Falle
auf die runde Summe von tausend steigert. Bittre Klagen ver-
nimmt man denn auch von allen Seiten fiber die unerhdrte
Strenge des Geschwornengerichts, zur Hilfte aus Kiinstlern,
yon den Ausstellenden gewahlt, zur Halfte aus Liebhabern, von
der Direktion der Museen ernannt, bestehend. Auch hat der
schonungslose Pariser Witz sich alsbald des Gegenstandes be-
machligt und hat eine unabsehbare Reihe von Kinstlern dar-
gestellt, die mit dem Ausdruck des héchsten Missvergnigens
oder der Niedergeschlagenheit, ihre Bilder unter dem Arm, dem
Gebaude den Riicken wenden, ‘auf dessen Mauer mit grossen
Buchsfaben zu Jesen ist: ,, Menus Plaisirs“, mit Anspielung auf
die wérlliche Bedeutung des Ausdrucks (geringer Spass). —
Dem Besucher des Salons aber, dem Beschauer, der keine
weitere Riicksicht nimmt, als das Inleresse der Kunst und des
guten Geschmackes, der sich die gekrankte Eigenliebe eines
alteren Kiinstlers, die geschwundenen Hoffnungen eines jiingern
in dem Augenblicke nicht vergegenwarligt, erscheint diese
Strenge der Jury immerhin noch nicht unerbittlich genug, und
mil Erstaunen fragt man sich vor gewissen Erscheinungen: wie
mégen nur die zuriickgewiesenen Bilder aussehen?! Doch muss
anerkannt werden, dass dieses Jahr des auffallend Schlechten
oder entschieden Verwerflichen, im Vergleich mit andern Jah-