Links oben kommt dann die brünstige Exotik der Landschaft zu Wort, mit ihrer elementaren tropischen Färbung, mit Palmen, tief
blauem Ozean und speiendem Vulkan, halb vergessen, aber schwelend und lauernd in von heimlichem Rot gesättigtem Dunkel, überbrüllt von den Sensationen der großen Städte, aber unheimlich bewußt ihrer längeren Dauer, ihrer letzten Endes stärkeren Gewalt. Das ist nun nicht mit der Glätte einer Ansichtskarte gegeben, sondern
unter einem schweren brodelnden Dröhnen durchzuckt von Wetfern,von einem schick
salhaften Mustangs sprung. Das sondert wie einem Gesetz der Schwere folgend
nach unten hin Formen größerer Irrealität ab, ein Stäuben von Monden und insektenhaften Sternen,’ ein W ühlen und Wirbeln^ gröberer, wulstiger, dinglich kaum definierbarer Motive, die sich rücksichtslos ins Fleisch schneiden und einander auch in der Grelle ihrer Farbe zu übertrumpfen suchen. Wie Projektile des Bösen
fliegen Flaschen und Schnapsgläser durch den Raum. Dazwischen züngeln Blitze auf Beinen des Kerls), irren verlorene Gestirne,- alle Dinge werden frech und tückisch, lassen ihren eigenen Gelüsten freien Lauf, keines verbirgt mehr seine Dynamik. Ein Kinetischwerden aller Energien sozusagen, als Hintergrund für diesen Revolvermann, der mit verächtlicher Miene den ganzen übermütigen Apparat ausplündern und in die Luft sprengen wird. Durch
seinen unbekümmert in Rot und krasses Grün halbierten nackten Oberkörper funkeln die Rippen, blaue Herzen verachten die Pfeile, die in ihnen spießen, der Kerl trotzt Tod und Teufel. Er ist bunt behängt mit Geschmeide, eine blutrote Kette um den straffen Hals, drei Armbänder beiderseits, Schmuck am Ohr und um den Hut geschlungen. Dazu Tätowierungen und allerlei Utensilien, die, wenn es dessen noch
bedurfte, den allegorischen Charakter der ganzen Erscheinung betonen, denn das Messeranseinem Gürtel ist rot wie seine blutige Bestimmung, der Geldbeutel ist transparent und klimpert recht un= verschämt mit seinem Gold, und wie die Pointe des Zynismus, der wie in Bewußtseinsabstufungen das amerikanische Milieu den Abenteurer und schließlich den halb grinsenden, halb prophetischen Zyniker George Grosz er
füllt, hängt dem Kerl ein gelbes Rohrstöckchen elegant am Arm, ein Hohn, eine niederträchtige Bosheit, die gelb in das Bild hineinfährt. Auf rot, grün und gelb baut sich das Ganze auf, und es ist von höchstem Raffinement, wie brutal und unermüdlich in aufreizender Kontrastierung die Farben nebeneinandergesetzt sind. Das Bild hat echte Höllenlohe in sich. Dazwischen kleine und sehr fein berechnete Episoden von schillernden und delikat nuanzierten Malereien, So kreischend bunt diese Fläche schrillt, ich bemerke keine undurchdachte Stelle, wo eine Farbe aus dem disharmonischen Gefüge fiele. Diese Dreistigkeit bleibt in jeder
Katalog-Nr. 2
Der Abenteurer (Gemälde)