nergestalt zu wihlen, weil es so viel hiess, als die Idce licler
und voller zu erfassen und den Kranz nicht als den Lohn einer
einzelnen tapferen That, sondern als den Preis eines ruhmvollen
Heldenlebens erscheinen zu lassen. Und wiederum, so gestahlt
und straff der Gliederbau dieses Siegers erscheint, so gul sich
das nicht bloss hierdurch, sondern auch durch den krausen,
kurzen Haar- und Bartwuchs gegebene Anklingen an den Ty-
pus der Herkulesgestalt macht, so sehr hat sich der Kiinstler
gehiitet, mehr als die Erinnerung an den Bewiilliger der ler-
naischen Schlange auszudriicken. Er wollte eben mehr geben,
als den Inbegriff der physischen Kraft, die in dem farnesischen
Herkules aus jedem Muskelball des Leibes spricht, die den
Sieger aber kampfes- und arbeitsmiide auf die Keule Jehnen
lasst. Der Drake’sche Krieger stisst eben sein Schwert in die
Scheide, er erhebt sein von einem energischen Nacken getra-
genes Haupt und auf dem mannlich schénen Antlitz weicht eben
der Kampfeszorn der Siegesfreude. Es klart sich die Stirn,
die den Kranz empfangen soll. Шип bringt die jungfrauliche
Victoria, welche auf schnellen Fligeln heranschwebt, Eichenlaub
im rechten Arm, einen Kranz davon in der linken Hand uber
dem Haupt des Gefeierten haltend und Lieblichkeit und holde
Freude im Angesicht. Auch hier zeigt sich Drake’s sinnige,
poctische Empfindungsweise im schénsten Lichte. Denn dem
Braven, der nun nach vollbrachter Kampfesarbeit das Schwert
mit dem stillen Bewusstsein erfillter Pflicht in die Scheide stosst,
naht ungeahnt und unerwartet die Gdltin mit dem lohnenden
Siegeskranze. Bewunderungswiirdig ist die Leichtigkeit dieser
gittlichen Gestalt dem Bildner gelungen. Es ist als ob er alle
Festigkeit und alles Korn des Marmors in die Kriegergestalt
gepresst, allen Schimmer und Glanz, alle Durchsichligkeit des
Steines tiber die Nikefigur ausgegossen hatte. Selbst sein Ge-
wand scheint von festem, rauhem Sloffe gearbeitet zu sein, fast
fellartig legt es sich tiber die Schulter und wird, an praklische
Kriegesausriistung erinnernd, durch einen Riemen liber die
Brust festgehalten. Ihre fliissige Bekleidung dagegen lasst die
schénen Kérperformen durchscheinen und wird von dem Fluge
ihrer Bewegung in anmuthigem Faltenwurf hinausgewcht. So
entfaltet es sich besonders von der rechten Profilseite, wo die
Galtin in so elastischem,Schwunge vordberrauscht, dass es scheint,
als miisse jeden Augenblick derjenige hervortreten, auf dessen
Haupt sie den hochgehobenen Kranz niederzulegen im Begriff
ist’ Aber auch von der linken Profilseite, welche den vollen
Korper des Mannes zeigt, der nur soweil bekleidet ist, als es
die Idee des Ganzen nothwendig mit sich bringt, prasentirt sich
die Gruppe schén und charakteristisch. Denn neben dem halb-
abgewandlen Anilitz des Kriegers schaut das liebliche der Sie-
gesgoltin vor, ihr schlanker Arm biegt sich und ihr Fligel
dehnt sich schiitzend iiber ihn. Dieselbe Harmonie, welche
sich in dem Aufbau der Gruppe findet und einen so wohltha-
tigen Gesammtcindruck erzeugt, hat auch Theil an der Ge-
slallung des Einzelnsten, so dass ein jeder Punkt das seinige
zum Ausdruck des kiinstlerischen Gedankens beilragt, worin
auch die grosse Wirkung beruht, die dieses Werk selbst in der
verschiedenartigsten Beleuchtung, der es ausgesetzt ist, ausiibt.
Die zu hohe Aufstellung aber, von der wir sprachen, zeigt sich
auch hier unvortheilhaft, indem, wenn man sich nicht fein in
die Ferne stellt, der zuricktretende Fuss des Kriegers unan-
genchm unter der Wade abgeschnitien crscheint.

Am langsten von allen wird der Granilwiirfel, der den ge-
todieten Helden tragen soll, wie ihn Nike zum Olymp fihrt, auf
seinen Marmorschmuck warlen missen. Wredow, dessen
Hand die Ausfiihrung anvertraul ist, vollendete bis jetzt kaum
den Entwurf. Da derselbe aber in seiner jetzigen Gestalt vicl-
leicht noch nicht definitiv feststeht, so versparen wir den Be-
	und Weise, Goldverzierungen auf den trocknen Grund autzu-
bringen, ist wie bei der Lackirkunst. Man entwirft dic Zcich~

nung miltelst venetianischen Terpentins, lasst ihn so lange trock-
nen, bis er stark klebt, legt dann die Goldschligerhautchen

auf und lasst den Terpentin ganz austrocknen, dann reibt man
die tiberfltissigen Goldschligerhautchen ab.
	Die acht Marmorgruppen auf der Schlossbriicke zu Berlin.
(Schluss.),
	(flierzu cine Radtrung.)
	Der Held kann aufgehalten und unterbrochen werden im
Kampfe, aber der endlichen Ausginge giebt es nur zweie fir
ihn: Sieg oder Tod. Diese sind durch die beiden Endgruppen
nach dem Lustgarten zu anschaulich gemacht. Es ist darin, wie
schon oben bemerkt, der Krieger mit Nikefiguren zusammen-
gruppirt, Die andere, die Opernplatzseile, enthilt, wie wir
schon wissen, den Unterricht des Knaben und die Unterstitzung
eines verwundeten Kampfers von Seiten der Victoria; es liegen
hier also beisammen die noch nicht vorhandene Kampffahigkeit
und die augenblickliche Kampfunfahigkeit, Situationen, welche
beide die Bedingung zu kinfligen oder erneuten Heldenthaten
nicht ausschliessen. Fiillen also die vier Miltelgruppen, in de-
nen die strengwaltende Pallas Athene erscheint, den Schauplalz
des Kriegeshandwerks aus, so geben die Victoriengruppen rings
umher die Vorbereitungen und Resultate davon, sie reprasenti-
ren so zu sagen Kriegsschule und Feldlazareth, Begrabniss
und Triumphzug.

Den ,,verwundeten Krieger, den Nike unterstiitzt‘‘, hat
Wichmann dargestellt. Dem Jiingling brechen eben dic Knie
und er ist im Begriff zu sinken. Die linke Hand hat den Rand
des Schildes erfasst, auf welchem der matte Kérper wie ‘auf
einer Stiitze lehnt. Eine kraftigere Hilfe aber gewahrt ihm
die Siegesgéttin, welche den linken Arm um seinen Leib ge-
legt hat, wahrend ihre rechte Hand den schlaff herunterhan-
genden rechten Arm des Kampfers erfasst. Diese Anordnung
der beiden Figuren giebt ihnen von vorne gesehen vermdége
der in divergirender Richtung sich bewegenden Kérper etwas
die Wendung von Aufforderung und Unwillfahrigkeit, welches
durch den Ausdruck namentlich ihres Kopfes cher unterstilzt,
als beseiltigt wird. Denn die Micne desselben ist freundlich und
munter, er hat etwas cordial-menschliches an sich und scheint
eher einer liebenswiirdigen Sterblichen, denn einer Gottin an-
zugehéren. Der Jiingling freilich hat die Augenbrauen schmerz-
haft verzogen und die Stirnfalte ist, vermuthliech in Berechnung
der Hihe des Standpunktes, fast zu scharf eingeschnilten. Das
Ganze macht einen zu genrehaften Eindruck, sicht zu modern
gefallig aus, um jene Einfachheit und Wiirde blicken zu las-
sen, die bei einem solchen Werke unerlassliche Bedingung
bleibt. In der Anordnung indessen und dem Aufbau ist diese
Gruppe vortrefflich und sie bildet von allen Seiten ein geschlos-
senes, der Pyramidenform sich anniherndcs Ganze, besonders
von der rechten Profilseite gesehen, wo der Blick dem ange-
nehmen und leichten Fluss der Gewandung der Nike begegnet.

Der Siegestriumph ist durch Friedrich Drake’s Hand
mit grosscr Meisterschaft zur Darstellung gebracht; daher wit
nicht verfehlen, auch seine Gruppe den Lesern in einer Ab-
bildung von Herm. Schulz nach einer Photographie von
Schmidt vorzulegen. Dieses Werk ist gleich ausgezeichnet
in der Conception, wie in der Durchfihrung, Drake gab die
volle, mannliche Kraft, angestrahlt durch Sicgesfreude, gehoben
durch Siegerstolz. Es war weise von dem Kinstler, eine Man-