erst angelegt, dann die Krieger hineingesteckt und erst nach-
her die Rollen rund herum vertheilt worden. Wirde mangelt
allenthalben. Der kriegerische Geist ist, statt der Bestiirzung
und Verwunderung Platz zu machen, in kindische Zaghaftigkeit
ausgearict.

Die vielen tbrigen Bilder desselben Malers diirfen keine
grosse Anspriiche auf kdnstlerischen Werth machen.

Richtiger beurtheilt unser Gegenfiissler den ,,kranken Sohn“
von Meuron; er stellt das Bild (obschon es der geringen
Grésse halber fir den Mittelstand gemalt ist), sehr hoch. Wir
sprechen ihm den Kunstwerth nicht von Ferne ab, finden aber
einen grossen Fehler in der Hintansetzung Ed. Girardet’s
mit dem Beifigen, sein ,,krankes Kind“ sei von ahnlichem
Kunstwerth. Von weit grésserer Bedeutung ist das Bild von
Girardet; es ist ein unibertroffenes Meisterstiick! Die Lob-
rede auf Meuron hatte gewiss hier angebracht sein sollen! Die
Mutter Girardet’s steht mit Riicksicht auf psychologische Ent-
wickelung unendlich héher. Wahrend Meuron in der Mutter
seines kranken Sohnes mehr die kalte Ergebung in das Schick-
sal schildert, wechseln bei Girardet Gefithle, deren Ausdruck
das tiefste Studium des Menschen verrith. Wie geistreich ist
der verzehrende Schmerz des unrettbar verlornen Kindes durch
seine gekriimmten Fingerchen der krampfhaft ausgestreckten
Hand ausgedrickt! Welch’ schénen Gegensatz erweckt nicht
das naiv starr hinblickende Kind in den Armen der Mutter auf
beide Seiten hin? In der Mutter Seele kampft der innerste
Schmerz mit der Resignation und zwar nicht derjenigen des Ver-
standes, welche auf der Unabweislichkeit des Schicksals beruht,
sondern derjenigen, welche der Glaube an cin héheres Geschick
gebiert. Diese religidse Weihe geht in versdhnendster Weise
tiber das Bild. Den Triumph des hihern Menschen hat Girardet
unnachahmlich meisterhaft entwickell.

Gar nicht erwahnt sind: Suter, Ulrich, Rittmeyer,
Koller, Mettler, welche wir mit einer einzigen Ausnahme
als zu den Besten und Besseren gehorig hier anfiigen. — Su-
	ter hat ein wahres Kleinod von einem Aquareile sehen lassen.
	Sein ,,Seelisberg“* zeichnet sich durch Staflage, Abtonung, kurz
durch vollendete Harmonie aus. Diese Landschaft zeugt von
ausgewahltem Geschmacke, und steht derjenigen J. Meyer’s
wiirdig zur Seite. Mit dem Maass in der Hand miisste der
Kritiker den ,,Suler“ vorziehen, da er noch eine um circa
3 Linien starkere Dimension hat. —

Ulrich, der Vorkampfer unserer ziircherischen Kinstler,
beurkundet in seinem ,,Lozenbach“ den routinirten Landschaf-
ter; er hat feinen Sinn fiir Nalurschénheit, und durchdringendes
Verstindniss. Unter seinem kiihnen edlen Baumschlage am
plitschernden Bache méchte man ausruhen. Wie wohl wirde
uns eine solche Landschaft in der diessjihrigen Ausstellung des
rheinischen Kunstvereins gethan haben! —

Rittmeyer hat zwei Genrebilder ausgestellt, denen ein
ahnlicher Platz ganz wohl zu génnen gewesen ware, da sie
sich durch geniale Auffassung, hochst richtige Zeichnung und
recht beziehende Gegenstinde auszvichnen. — Der Wallenstat-
tersee von Rud. Koller — von Natur genialer Thiermaler —
ist mit keiner Sylbe erwahnt, wahrend doch die Begabung des
Kinstlers auch in dieser Richtung nicht gering ist. Die Natur
ist in ihren grossartigen Schauern treu wiedergegeben; ein
fliichtig durch dichtes, schwarzes Gew6lk einfallender Mondes-
blick erleuchtet das zwischen thurmhohen Felsenriffen hinschéu-
mende Wasser. Jene Ungliicksnacht, wo das dampfbefligelle
Boot mit Mann und Maus dem Elemente weichen musste, trilt
Einem hier unwillkirlich vor die Seele. Es ist eine so hibsch
allernirende Lebendigkeit in Luft und Wasser, dass das Bild
zu allen Zeiten fesseln muss. Koller hat auch hier seinem
	Pinsel Geist eingehaucht. Doch mochten wir mit ihm Hieber in
den Stall oder auf die Weide gehen. Da fliesst seine Ader,
wie Wenigen!

Unter den ,,fir treffliche Landschaflen“ zusammen abge-
fertigten sechs Kiinstlern wiirde Steffan fir seinen ,,Morgen
an einem Gebirgssee“ einer ganz besondern Aufmerksamkeit
werth gewesen sein; wenigstens halten wir es fiir eines seiner
gelungensten Bilder, welches ungescheut neben die vorhande-
nen Delapeine, Diday und Dunant hinzustellen ist. Zel-
ler und seine Schilerin Anna Fries werden bei uns zu Lande
nicht im mindesten fir ,,mittelmassig“ gehalten, und der ver-
ehrliche Kriliker muss von Zeller nicht viel gesehen haben,
denn sonst kénnte dieser unméglich so, wie es geschah, taxirt
werden; allerdings hat er das Talent nicht, auf den ersten Blick
zu bestechen und hinzureissen, allein seine Bilder sind alle
hochst verstandig angelegt und zeugen nicht nur von strengem
Studium, sondern auch von einer sehr lobenswerthen Sorgfalt
in der Ausfiihrung.

Ueber Fiissli — Enkel des grossen Kunstgelehrten — der
nolens volens mit einer Gessner kopulirt wird, ist zu sehr iiber
das Knie abgebrochen. Er ist noch ganz junger Mann, was
seinen Leistungen iibrigens gar nicht so leicht abzusehen ist.
Er brauchle sich eines Vergleiches mit manchen Erfahrneren
gar nicht zu schéimen. Ein Ruhm schiene uns hier mindestens
ebenso wohl am Platze gewesen zu sein, als bei Lugar-
don, welchem wir ihn so unbedingt nicht gaiben. Seine
, Schmiede*® ist ein nett konzipirtes Bild, schwach aber in der
Ausfihrung, wobei Eile mitgewirkt haben mag. Der , Acker-
bau“ hat den Scharfsinn des Kiinstlers nicht sonderlich ange~
strengt und ist ausserst skizzenhaft behandelt, im Colorit sogar
abgeschmackt, in der Zeichnung wesentlich schwacher als sein
ersigenanntes Bild. — Von Baade diirfen die Mondscheinland-
schafien kihn speziell hervorgehoben werden, ebenso die Ma-
rine von Duntze. Die ,Schafe* von Eberle stehen in die-
sem Fache wohl einzig da, man darf sie in jeder Hinsicht aus-
gezeichnet heissen; dagegen wiirde uns sein ,Vieh auf der
Weide* weniger geschleckt besser gefallen.

Frau Clementine Stockar hat ausser mehreren hichst
gelungenen Portraits einige gemithliche Scenen aus dem Leben
— alles in Wasserfarben — gezeigt. Diese Dilettantin hat
das seltne Talent, die Individualilét, wie sie leibt und lebt, zu
geben. Ihre Zeichnung ist keck und korrekt. Ihre Bilder, so-
wie dicjenigen anderer Aussteller, sind deshalb , nicht verkauf-
lich“, weil die irdischen Gtiter keiner Alimentation bediirfen.
Sie waren also nicht gekauft!
	Mit dieser — auf den haum lures geschatzten Blattes berech-
neten — kurzen Auseinandersetzung glauben wir der Kunst gerecht
worden zu sein!
	Ziirich, 6. Oct. 1853.
	Die Franenkirche zu Ingolstadt.

(Schluss.)
	21. Ain guldin pild von s. Dyonisii, das helt sein haubt in
seinen henden und sein Infel besetzt mit 4 saphir, 3 palais, 17 clain
perlen und die dyadem mit 3 saphiren, 1 palais und 3 zeil jede
mit 3 perlen und an s. Dyonisii seilten sind tzwen engel ge-
smeltzt mit weiss und ist das geldfel besetzt mit & saphiren, 6
palaisen und 16 zeil jede mit zwain perlen und ein Christal
darin ist got und bericht s. Dyonisii. Wigt 12 mark 5 untz
an gold.

22. Ein guldin pild von s. Philipp und helt in seiner ge-
rechten hant ein kreulz besetzt mit 7 palais und 12 perlen und

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