Rurftblant, Organ der deutschen Kunstvereine. _ Фе е$ 4eitung fiir bildende Kunst und Baukunst. Unter Mitwirkung von Kugler in Berln — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Diisseldorf — Schnaase in Berlin — Forster in Minchen — Ejitelberger v. Edelberg in Wien herausgegeben von Dr. F. Eggers in Berlin. Sonnabend, den 26. November. Зира: Ваи-басеп. F. Kugler. WHT. Vom Theater zu Aspendus. — Die neue Pinakothek in Mtinchen. В. Forster. — Farbige Statuen. — Mittheilungen aus Rom, Ernst aus’m Weerth. III. — Lithographie, Album~Blitter im mittelalterlichen Style in lith. Farbendruck von Levy Elkan. H. Weiss. — Zeitung. Berlin. Moskau. Kiew. — Kunstvereine. Der Kunstverein fir Pommern. — Die Kunstausstellung in Cassel. — Anzeige. Spott. Von wannen kommst du, so antwortet er, dass du Bal- Bau-Sagen. Von F. Kugler. VI. Vom Theater zu : Kis-Serai, — das Schloss der Tochter des Honigs, — nicht kennst? Es war die Hinterseile des Gebéiudes, vor welcher der Wandrer stand. Er tritt in das Innere, und tiefes Staunen er- greift ihn. Er findet sich in einem Theaterraum. Aber nicht, wie sonst bei den antiken Theatern Asiens und Europa’s, sind es zusammenhanglose Reste, die ihn umgeben und die der Phan-~ tasie des Erklérers immer und immer wieder spotten; hier ist Alles da, Alles vollstandig erhalten, wie es einst war. Nur die Riiststangen sind aufs Neue in die Balkenlécher der Scene ein- zulassen, nur das Velarium ist oben tiber den offenen Raum auszuspannen, nur die Cilhern und Fiéten, nur die Heroen fehlen, deren Stimme von der erhéhten Bihne erschallen soil. Der Wandrer hat sich sinnend auf die Stufen des Theater- raumes gesetzt. Wo die schénen Weiber von Aspendus einst sassen und dem Spiele zuschauten, da quellen jetzt duftige Blumen in bunter Farbenpracht hervor; Schwarme von Bienen, die oben in den Gebalken des Baues nisten, summen in den Blumen; zierliche Schlinglein, denen du furchtlos nahen magst, spielen unfern auf den warmen Steinen. Da riihrt es an die Schulter des Wandrers; der Bursch, mit dem er vorhin ge- sprochen, steht ihm zur Seite. Blitzenden Auges deutet er nach dem Marmorgiebel empor, der sich in der Mitte des Sce- nenbaues erhebt. In die Betrachtung des Ganzen versunken, hat der Wandrer den Giebelschmuck noch nicht naher ins Auge gefasst. Da ist ein reicher ippiger Akanthuskelch gebildet, von dem sich Rankenwindungen mit Blattern und Blumen durch das Giebelfeld hinziehen; aus der Mitte des Kelches aber taucht eine zarte Madchengestalt empor, ohne verhillendes Gewand, in rei- ner keuscher Schénheit, mit beiden Handen sich an den auf- sleigenden Ranken haltend. Sie gefallt dir? spricht er lachelnd zu dem Burschen. Kannst du mir ihren Namen nennen? Ibren Namen? Freilich! Es ist Bal-Kis, die Tochter des Honigs. Ein selisamer Name! Seltsam? Du kennst die Tochter des Honigs nichl? Frzahle mir von ihr! Von den Héhen des Taurus gen Siiden fliessend, durch- schneiden der gelbe und der weisse Fluss, die von den Alten Cestrus und Eurymedon genannt wurden, das pamphylische Ki- stenland. Dichte Waldung zieht sich zwischen beiden Flissen hin. Der frinkische Wandrer, der mit seinem Gefolge die Ge- gend durchstreift, die verschollenen Alterthiimer des Landes aufzusuchen, trifft nur auf einzelne dtrftige Hitten, nur — wo sich hier oder dort eine Lichtung bildet — auf eine kleine Ziegenheerde, deren Hiiter, ein brauner Bube, ihm verwundert nachstarrt. Wenig betretene Pfade, oft kaum erkennbar, oft von wuchernden Lianen villig verschrankt, irren durch den Wald; hatte der Wandrer nicht seine getreue Bussole zur Hand, die ihm die Richtung gen Osten giebt, wo am weissen Flusse die Ruinen des alten Aspendus liegen miissen, er hatte geringe Hoffnung, das Ziel seiner Irrfahrt zu erreichen. Nach langer mihseliger Reise tritt er endlich auf eine Hohe hinaus, und die weite Ebene liegt frei vor seinen Blicken. Eine machlige Wasserleitung, deren Pfeiler nnd Bogen, einem wundersamen Briickenbau vergleichbar, iber Thaler und Schluchten und breite Siimpfe hingefithrt sind, leitet seinen Blick tief in das Herz der Ebene, wo Triimmerhaufen und stolz aufragendes Mauerwerk, noch zu fern zwar, um ihre Gestalt und Beschaffenheit genau zu erkennen, ihm die Denkmialer der alten Stadt ankindigen. Er hat die Simpfe im weiten Bogen umschrilten, sich durch Rohricht und Genist hindurchgearbeitet und steht vor den Rui- nen, zwischen denen, fir die heutigen Bewohner des Ortes, ein Paar armselige Hiitten sich hinziehen. Ein stolzer, palast- artiger Bau, kaum beschadigt und nur durch seine éden Fen- ster andeutend, dass er keine Besitzer mehr hat, fesselt vor Allem seine Blicke. Aus dem Thor des Gebaudes tritt ihm sin- gend. ein junger Bursch enlgegen, dem das schwarze Gelock um die Schlafe fliegt. Er fragt ihn nach dem Namen des Ge- baudes. Der Bursch lacht, und sein Lachen klingt fast wie LV. Jahrgang.