erlaubter Mittel, sondern die mit gesundem Blick erfassie Wirk-
lichkeit, mit vorziiglicher Technik wiedergegeben.

Ein interessantes und anziehendes Panorama bielet F. Bam-
berger’s grosses Gemalde: ,Gibraltar*. Zeigt er sich hier als
Meister in Behandlung grosser Massen, die besonders im Vor-
dergrunde sich darstellen, so erkennen wir aus zwei kleinen
Arbeiten seiner Hand: Gegenden in Spanien, die Liebe zu sorg-
	falliger und fleissiger Ausfuhrung.
So verdienstlich und anerkannt A. Loeffler’s Arbeiten,
	in denen die stidliche Natur mit besonders glicklichem Auge
aufgefasst und behandelt ist, sein mégen, ware doch zu wiin-
schen, dass derselbe auf das sogenannte ,,Fertigmachen * sei-
ner Bilder eine grdéssere Sorgfalt verwendete. Zu diesem
Wunsche veranlasst uns hier sein ,Ephesus*, das trotaz der
Grésse des Umfangs mehr den Eindruck einer vortrefflichen
Skizze, als eines vollendeten Gemildes zuricklasst; wir wollen
damit keineswegs einer kleinlichen Behandlungsweise mancher
Maler das Wort reden, aber das Eingehen in Details bis zu
einer gewissen Grenze ist fiir das Verstandniss nothwendig.

Ueber K. Baade’s Norwegische Mondlandschaft ist in
No. 24 d. J. v. D. Kunstblatte bereils berichtet.

Als ein vorziigliches Bild erregt die allgemeinste Bewun-
derung J, W. Schirmer’s in Diisseldorf, ,cin Sonntagmor-
gen in Deutschland“. — Es ist die Aufgabe der Landschafts-
malerei, den Geist, der unbewusst und festgebannt in der Natur
liegt, zum Bewusstsein des Beschauers zu bringen. Dies kann
aber durch blosse Copirung der Natur nicht bewerkstelligt wer-
den; dem Bilde muss die Seele, der Geist miteingehaucht sein,
sonst besitzt es blos einen technischen, keinen poetischen, idea-
len Werth. Denn keine volle Wahrheit und Schinheit des Co-
lorits und der Linien, keine Harmonie des Ganzen und sei-
ner Formen kann sein, ohne dass man ein Stick vom eignen
Selbst daran giebt, wodurch man den Gegenstand vergei-
sligt. Dies hat Schirmer als die Aufgabe seiner Kunst erkannt,
er beschaut eine Gegend, nimmt das Naturbild -in sich auf, ver-
arbeitet es in seinem poetischen Geiste und bringt dann in
freier dichterischer Schépfung eine Landschaft hervor, in wel-
cher Naturwahrheit mit dem Ausdrucke seines individuellen Ge-
fihls zu einem einheitlichen Ganzen ausgepragt ist; dann weiss
er durch Styl, Ausfiihrung und Colorit noch den Ausdruck der
Stimmung, welche der Charakter der Landschaft in ihm her-
vorgebracht hat, oder poetische Empfindungen und Reminiscen-~
zen darzustellen. Von Schirmer’s Bild werden wir durch den
Zauber feierlicher Andacht in der Schépfung, der magisch dar-

tiber hinweht, unwillkirlich gefesselt.
Als Leistungen ersten Ranges sind schliesslich zu bezeich-

nen die ausgestellten Arbeiten der Manchner Maler: Chr. Mor-
genstern, ,,das Annenthal bei Oberhausen“, ,,die Steinbriche
bei Polling“; H. Heinlein, ,,ein Mittag am oberen Gossausee “;
J. G. Steffan, ,,der Reichenbachfall im Berner Oberland“ und
J. Schiffmann, ,,Morgen am Vierwaldslatter See“, ,, Abend
am Thuner See in der Schweiz“; ferner die der Disseldorfer
Kinsller A. Lasinsky und L. Scheins, so wie ,,ein Feier-
lagsmorgen im bayrischen Gebirge, grosse Landschalt mit rei-
cher Staffage* von K. Seegen, Generaldirektor in Darmstadt.
	Die Architekturmalerei.
	Frei von der vorherrschenden Richlung unserer neueren
Architekiurmaler, die vermége ihfer dekorativen Fertigkeit durch
Contraste in der Farbung eine illusorische Wirkung zu erzielen
suchen, stellen sich uns die Arbeiten von J. Joyant zu Paris
vor Augen. — Er wirkt durch grossarlige Einfachheit in Be-
	handlung der Massen und giebt das Wesen der Erscheinung
mit liefer Erkenntniss der Formverhaltnisse, verdeutlicht durch
	den Blick des munteren Kindes auf die Erscheinung hinlenkt.
Die ruhige Haltung der stillen hauslichen Familienscene tbl
eine wohlthuende Wirkung.

Zuletzt ist L. van Kuyck in Antwerpen durch ein zierlich
und sauber vollendetes Bild ,das Innere eines Stalles“, durch
von der Seite einfallendes Licht effektvoll beleuchtet, gut ver-
	ireten. —
Unsere einheimischen Genremaler lieferten im Verhaltniss
	zu ihrer grossen Anzahl ebenfalls nur wenige gediegene Bei-
triage zur diesjahrigen Ausstellung.

Die Reihe des Vorziiglicheren beginnt J. Becker in Frank-
furt mit seinen ,Flichtenden*. Im Hintergrunde ein brennen-
des Dorf, als Hauptscene des Vordergrundes die flichtigen Be-
wohner um den Pfarrer geschaart, der Trost spendet und rings
die armselige Habe im Felde zerstreut, bildet den Hauptinhalt
des Bildes. Becker behandelt derartige Gegenstande mit Glick
und besonderer Vorliebe, wie uns ein ebenfalls hichst gelun-
genes Bildchen seiner Hand in der erst kirzlich gedffneten

neuen Pinakothek erkennen lisst. —

A. Wichmann aus Dresden, oben ausfihrlicher bespro-
chen, ist auch in dieser Abtheilung durch eine in hohem Grade
anziehende Arbeit: ,,.Die Traubenspenderin, oder die gewdhrte
Bitte* in wirdiger Weise vertreten. Eugen Hess in Miin-
chen zeigt uns in zwei Bildchen seine grosse Geschicklichkeit,
einzelne anmuthige Scenen in engem Rahmen wiederzugeben ;
seine ,Riickkehr von der Jagd“ und ,, Wirthshaus im oberbay-
rischen Gebirge“ tragen den Einfluss der niederlandischen Schule.
Dass er diese mit besonderem Eifer studirt, beweist ein Bild
der neuen Pinakothek: ,Hin Ritter als Gast bei Dominikaner-
ménechen*, friiher in Briissel von ihm vollendet. Drei Miinche-
ner Kinstler reprasentiren das Fach der Thiermalerei. R. Eberle,
M. Lotze und F. Voltz. Die vortrefflichen Schafe des ersten
kénnten sich bei weniger angstlicher Ausfihrung den Arbeiten
E. Verboeckhoven’s an die Seite stellen. Ueber Lotze’s
Landschaft mit dem ,Abendgebete des Hirten® ist die heilige
Ruhe der stillen Vesper in der Natur ausgegossen, waihrend
Voltz in seinem ,,Viehmarkt* die charakteristischen Unterschiede
der verschiedensten Vierftissler in naturgetreuer Wahrheit wie-
dergiebt.
	Die Landschaftsmalerel.
	Wenn es heutzutage unter den Landschaflsmalern mehr
dean jemals zum Streben geworden ist, durch die Anwendung
unnatiirlicher Mittel, als effektuirte Sonnenbeleuchtungen, auf dic
Spitze getriebene Kontraste etc. das Auge des Beschauers zu
bestechen, anstalt mit Hintanseizung rein sinnlicher Illusion eine
tiefe Naturauffassung in ihren Werken zu bekunden; so diirfen
wir es als ein erfreuliches Zeichen betrachten, dass jene vor-
herrschende Richtung auf unserer Ausstellung nur geringe Ver-

treter zahlt.
G. Saal’s aus Heidelberg grosses Bild: ,,Alpengliihen wah-

rend der Mitternachtssonne zu Guldbrandsdalen in dem norwe-
-gischen Hochgebirge im Monat Juni, wo die Sonne dort nicht
untergeht, von einer Anhéhe aus aufgenommen“, kénnte uns
allerdings beim ersten Anblick auf den Gedanken bringen, der
Kiinstler habe bei Darstellung einer der grossarligsten Natur-
erscheinungen zum Zwecke eines tibertrieben brillanten Effektes
die Grenze der Wahrheit tiberschritten; unterwerfen wir das
Bild aber griindlicher Betrachtung, so ergiebt sich bald aus der
allgemeinen Harmonie der Farbung und sorg/faltig durchgefiihrten
Consequenz der Beleuchtung, dass wir eine mit meisterlichem
Pinsel fixirte Abnormitat unter den Erscheinungen der Natur
vor Augen haben. Saal’s zahlreiche Arbeiten, die wir zu se-
hen Gelegenheit hatten, zeigen keineswegs die Anwendung un-