Das Werk bestent aus vergoldetem Kupfer, mit trefflichen Ver-
zierungen in Email, den Figuren der Apostel und einer Anzahl
Heiliger in Elfenbein, im Styl der angegebenen Zeit. Wenn
es auch sehr zu bedauern ist, dass dieses fir die Kunstge-
schichte tiberhaupt, und zunichst fir die rheinische, wichtige
Kunstwerk , gleich so vielen andern Kunstschitzen, in’s Ausland
gewandert ist, so erscheint es jedoch lacherlich, von einer
Summe von 30,000 Thir. zu reden, welche der Kélner Antiquar
als Kaufpreis von dem Russen erhalten haben soll und dass der
Letztere sogar das Werk jetzt auf 100,000 Thir. schatze. Dass
dieses Reliquarium die Sophienkirche darstelle, wahrscheinlich
also angenommen, weil es mit einer Kuppel bedeckt ist, ist
eben so unbegrtindet, als dass dasselbe aus der Zeit Kaiser
Ollo’s If (973 —983) herstamme. С. Becker.
	téaunstliteratur.
	Dargestelllen wie im Darstellenden, das von Diesem ausgeht
und an Jenem zur Erscheinung kommt. Eine stylvolle Kunst
im reinsten Sinne wird also allerdings das Leben ihres Gegen-
slandes aus seinem eigenen Grunde, aus seiner eigenen Seele
heraus wiedererschaffen, darum jedoch wird der Styl noch kei~
neswegs das seelenhafte Kunstwerk selber sein. Zu Letzterem
gehért vielmehr praktisch, wie zum Begriff des Schénen theo-
retisch, das sinnliche Objckt und der materielle Stoff. Und nicht
einmal die formelle Seite des Kunstwerks erschépft sich in dem
Begriff des Styls, denn auch der Gedanke des Kiinstlers, seine
Auffassung, seine geistige Wiedergeburt des Gegenstandes muss
schon vorhanden sein, bevor dieses gedankliche Element sich
am Kunstwerk stylvoll auspragen kann.

Sind wir demnach in grundsatzlicher Differenz mit dem
Verfasser, so kommen wir doch in vielen geistvollen Bemer-
kungen, welche im Verlaufe seiner Entwickelung fallen, mit
ihm Uberein. Ja er spricht nach unserer Ansicht ausserhalb
seiner Definitionen das Wesen des reinen Kunststyls einmal
klar in folgenden Worten aus: ,, Die Motive scheinen dem achten
Kiinstler von allen Seiten zuzufliegen, aber mit sicherem Instinkt
weis’t er alle Die zuriick, welche zu dem Ganzen nicht passen,
von dem ordnenden Maassbegriff nicht mit innerer Nothwendig-—
keit in den Organismus des Kunstwerks eingefiigt werden kén-
nen.“ Diese Einheit von persénlichem Maass und von innerem
Geselz des Gegenstandes, angewendet auf das Kunstschaffen,
ist achter Kunststyl, und im Gegensatze dazu nennen wir Ma-
nier die innere Gesetzlosigkeit, die subjektive Willkir einer
kiinstlerischen Darstellungsweise. (Dass ,,Manier“ auch eine
besondere Handhabung der Technik besagen kann, lassen wir
hier ausser Betracht.) Neben dem eben angefihrlen Satze ge-
winnt die oben von uns citirte vierte Definition, mit welcher
der Verf. den allgemeinen Theil seiner Abhandlung schliesst,
fir uns geradezu den Charakter der Verworrenheit.

Die ferneren Abschnille suchen nun das Prinzip an den
einzelnen Kunstgatlungen zu bethaliger, wobei liber die aus
dem Material entspringenden Unterschiede Treffendes geaussert
wird, und legen es dann als Kriterium an die geschichtlichen
Erscheinungsformen der Kunst im Alterthum. Auch hier sind
wir mit dem Verf. oft einer Meinung, zuweilen jedoch wieder
abweichender Ansicht, wie es bei grundsitzlicher Differenz eben
nicht anders sein kann. Ohne daher weiter auf Spezialitaten ein-
zugehen, deren ausfihrliche Betrachtung ohnehin einen zu ausge-
dehnten Raum in Anspruch nehmen wiirde, wollen wir nur
einer Bemerkung des Verfassers erwaihnen, die uns freilich das
Wesen einer ganzen Kunstrichtung zu verkennen scheint. In-
dem Hr. Helfferich von den Tempeln der Alten sprichi, sagt er
(S. 42): ,Dieses ganze Gebaude stellte man, um es der ge-
meinen Flache des Lebens zu entheben, auf drei machlige Stu-
fen, welche das Ganze, wie ein Weihgeschenk, dem Himmel
entgegentragen*. Wollen wir den ersten Satz wohl gelten
lassen, dass durch die Stufen die Erhabenheit der Gétterwoh-
nungen angedeutet sein kénne, so widerspricht die Behauptung,
die antiken Tempelbauten wirden dem Himmel entgegengetra-
gen, auf das Allerausserste dem Charakter der Architektur des
klassischen Alterthums. Die Konstruklion der Sdulen, der Ar-
chilrave, die auf den Kapitalen lasten und im dorischen Styl
den plalten Echinus, im jonischen die hinabschwellenden Yo-
juten wie durch Druck erzeugen, endlich die flachen Giebel
bezeichnen vielmchr ein Zusammenfassen, ein Bergen des In-
halts, nicht aber ein Emporstreben zum Himmel, welches tber-
dies auch mit der religidsen Anschauung des Alterthums durch-
aus nicht in Einklang zu bringen ware.

Bevor wir von der Schrift des Hrn. Helfferich scheiden,
fordert uns das der eigentlichen Abhandlung vorausgedrucktc
	Kunst und Kunststyl Mit einem Sendschreiben an
W. v. Kaulbach, Von Adolph Helfferich. Berlin, Ver-
lag von Th, Chr. Fr. Enslin, 1853.
	Der Verlasser dieser Schrift hat sich viel mit der Kunst
beschaftigt, viel gesehen, viel dariiber gedacht. Aber es will
uns scheinen, als ob er iber das Wesen des Schénen und der
Kunst nicht klar genug gedacht habe. Denn durch die ganze
Abhandlung hindurch empfanden wir einen Grundfehler, und
der besteht darin, dass der Verfasser zwei Begriffe von sehr
verschiedener Bedeutung in einander verschwimmen lasst, dass
er den Begriff des Kunststyls, welchen er erlautern will, nicht
geniigend trennt von dem Begriff des Schénen.

Wenn er als erste und allgemeinste Definition des Styls
den Satz hinstellt: ,der Kunststy! ist dargestelltes Le-
ben“, wenn er den Styl dann naher bestimmt als ,,die Kunst,
die das Leben aus seinem eigenen Grunde heraus-
schafft, oder, was dasselbe(?) ist, als das seelenhafle
Kunstwerk“; wenn er endlich sagt: ,,stylistisch darge-
stelltes Leben ist ein wahres und selbstempfundenes Le-
ben“, und: ,,stylistisch richtig werden wir nur das nennen, was
das Vollbewusstsein des belebten und beseelten Stofflichen ver-
miltelst der frei waltenden Zweckmassigkeit in uns weckt“, so
scheint uns eben in diesen Sitzen Wahres mit Falschem ge-
mischt zu sein.

Das Schone ist dargestelltes Leben, aber der Kunststyl
ist das sich darstellende Gesetz, sei dieses nun das Kunstgesetz
eines einzelnen Kiinsilers, sei es das Kunstgesetz einer ge-
schichtlichen Zeit oder ciner Nation, sei es endlich das innere
Gesetz einer bestimmten Kunstgattung, wie man z. B. in der
Poesie den heroischen, den idyllischen, den tragischen und
komischen Styl unterscheidet, in der Malerei den historischen
und den Genrestyl, in der Musik den Kirchenstyl und den
Opernstyl u. s. w. Ueberall ist der Styl nicht das Darge-
stellte, sondern die Darstcllung. Wenn dieser Styl, diese
besondere Darstellungsweise, welche zwar nicht Ausdruck des
objektiven, wohl aber Ausdruck des subjektiven, des dar-
stellenden Kunstlebens im Kiinstler, im Volke, in einem von
dem menschlichen Geiste und der menschlichen Technik aus
gebildeten und geiibten Kunstzweige ist, wenn dieser Styl mit
dem imneren Geselze, der Wahrheit des darzustellenden Le-
bens tbereinstimmt, dann dirfen wir an ihm auch die objek-
tive Vorirefflichkeit riihmen, dann wird auch die Schdénheit des
dargestelllen Lebens zur stylvollen Schénheit. In diesem Sinne
gehért der Sty! zur vollendeten Erscheinung des Schénen, aber
er ist nicht das Schéne, sondern das harmonische Gesetz im