SCHWEIZER




GRAPHISCHE MITTEILUNGEN


MONATSSCHRIFT FÜR DAS GRAPHISCHE KUNSTGEWERBE
REDAKTEUR UND HERAUSGEBER: AUG.MÜLLER - DRUCK: BUCHDRUCKEREI ZOLLIKOFER & CIE. ST.GALLEN
Die „Schweizer Graphifchen Mitteilungen“ erfcheinen monatlich einmal. — Abonnemenfspreis per Halbjahr bei direkter Zuflellung inklulive Porto für die Schweiz Fr. 6.— (mit Schufjkarton Fr. 7.—), für die Länder des Weltpofivereins Fr. 7.50 (unter Kuvert mit Schu^karton Fr. 9.—). — Bei einem Poftbureau in Deutfchland befiellt per Halbjahr RM. 5.80 (unter Kuvert mit Schupkarton RM. 6.70) zuzüglich Belfellgebühr. — Durch den Buchhandel in Deutfchland Fr. 9.— per Halbjahr. — Inferate 40 Cts. die Petitzeile. Bei Wiederholungen Rabatt. Beilagen nach Übereinkunft.
MAI 1931FÜNFTES HEFT49. JAHRGANG


WEGE ZUR RATIONALISIERUNG?


Die Erfchütterungen, die das Buchdruckgewerbe in den letjfen Jahren erlitten hat, find mannigfaltiger Art. Vor allem ifi es der Tief- und Offfetdruck, der durch feine rapide Entwicklung eine gewilfe Befchneidung des Buchdrucks zur Folge hatte. Eine lebhafte Ab
wanderung von groben Druckaufträgen, fpeziell im Reklame- und Zeitfchriftenwefen, machte lieh fehr unangenehm fühlbar, fo daß das Buchdruckgewerbe fehr kritifchen Situationen entgegenfehen mußte. Die erfien Gegenmaßnahmen mußten fich vorerfi dahin richten, daß die dem Buchdruck verbliebenen Gebiete auf alle Fälle in ihren Pofifionen gehalten wurden. Eine weitere Notwendigkeit ergab fich in der unbedingten Hebung der Qualität in Verbindung mit der Quantität unferer Erzeugnilfe. Als eine Beruhigung wirkte mit der Zeit die Fefifiellung, daß der Aktionsradius unferer Konkurrenzverfahren befiimmte Grenzen aufweiff, fomif eine weitere Exißenzmöglichkeit unferes Gewerbes gefichert war. Es befiehen alfo für uns doch noch Möglichkeiten, auf diefem oder jenem Ge
biete eine Weiterentwicklung zu veranlaßen in Verbindung mit einer Vereinfachung und vor allem einer Verbelferung unferes Arbeitsprozelfes. Gerade in letzterer Hinficht mußte verfocht werden, eine Sanierung herbeizuführen. Die bezüglichen Verfuche bewegten
fich in der Hauptfache in Rationalifierungsbefirebungen, die aber nicht immer zum Erfolg führten. Die Wege zur Rationalifierung haben in unferem Gewerbe durch die vorwiegend individuelle Arbeifsweife eine ganz befondere Struktur. Es ifi nicht leicht, in unferem fchönen Berufe von heut auf morgen tieffchürfende Um
wälzungen vorzunehmen, die in qualitativer und quantitativer Hinfichf einen nur annähernden Erfolg verfprechen. Gerade das Gebiet der Zurichtung mußte in lepter Zeit Erfchütterungen über fich ergehen laffen, die aber nicht vermochten, eine nur einigermaßen gefunde Rationalifierung auf diefem Gebiete herbeizuführen. Die bezüglichen Neuerfcheinungen zur Vereinheitlichung, Verbelferung und vor allem zur Verkürzung der Zurichtzeit bildeten alle faß glatte Verfager. Statt einer Sanierung wurde lediglich eine Ver
wirrung ausgelöfl. Es drängte fich dabei unwillkürlich die Frage auf: Sind auch diefe Neuerfcheinungen dazu berufen, auf die Ratio
nalifierungsbefirebungen in unferem Berufe fördernd einzuwirken? Oder haben wir es lediglich mit Neuerungen zu tun, die, abgefehen von einem wirklich pofitiven Erfolg, immer nur eine Enttäufchung für den Buchdrucker bedeuten ? Die Bejahung diefer Fragen liegt in den erzielten Refolfaten, die fich feit der Einführung von fpeziell neuen Zurichtverfahren ergeben haben. Diefe Refoltate haben aber auch den Beweis erbracht, daß mit wenigen Ausnahmen die bis
herige, qualitative Zurichtmethode fich durchgefept hat. In welchem Maße nun diefe neuen Zurichtverfahren in die bisherige Methode einzuwirken vermochten, zeigt im Nachflehenden eine kurze Gegenüberfiellung und gibt aber auch den nötigen Auffchluß, wie fchwierig es ifi, das Gebiet der Zurichtung von heute auf morgen rationalifieren zu wollen.
Daß die Zurichtung im Buchdruck eine Hemmung bedeutet, ifi eine nicht zu umgehende Tatfache. Sie ifi das notwendige Übel,
das uns gegenüber dem Tief- und Offfetdruck etwas hindert. Die Zurichtung aber ausmerzen zu wollen, ifi unmöglich, ifi fie doch ausfchlaggebend für die Qualität und Quantität der Auflage. Ver
fuche, die Zurichtung auf ein Minimum zu reduzieren, haben fchon des öftern fiattgefunden. Sie fcheiterten aber in den meifien Fällen an diefem oder jenem Umfiand. Einzig die Bildzurichtung erzielte durch ihre Mechanifierung einen durchlchlagenden Erfolg und wird fo bald nicht durch irgend ein anderes Mittel zu verdrängen fein.
Als einen etwas gewaltfamen Vorffoß zur Verminderung der Zurichtung auf allgemeinem Gebiete muß das Luhnfche Abdroffelungsverfahren bezeichnet werden. Diefe vor einigen Jahren auftauchende Methode beruhte in der Hauptlache darauf, jegliches Spiel zwilchen Fundament und Druckzylinder während der Druckabwicklnng abzuwürgen. Dadurch war es wohl möglich, die Zurichtung auf ein Minimum zu reduzieren, verurlachte aber anderfeifs eine zu ffarke Abnutzung der in Betracht kommenden Mafchinenteile. Vor allem mußten logifcherweife die Zylinderlager fehr darunter leiden, fo daß mit der Zeit die ganze Abdroflelungstheorie illuforilch wurde. Die Anwendung diefes Verfahrens verurfachte leinerzeit eine heftige Diskuffion, die fafi durchwegs fich fehr im verneinenden Sinne äußerte. Eine Durchdringung der Abdrolfelungsmethode hat nicht fiattgefunden; fie erledigte fich felbfi durch eine zu gewaltfame Technik.
Wefentlich eindrucksvoller und fcheinbar in umwälzender Form gefialtete fich das vor etwa zwei Jahren aufgetauchte Zurichtverfahren von C. Linger in Delfau mit der Bezeichnung „Greif“. Mit diefer Methode wurde mit mafchinellen Hilfsmitteln verfocht, die gefamte Zurichtung einer teilweifen Mechanifierung zuzuführen. Es war der Anfang der Mechanifierung eines individuellen Arbeits
gebiets und muß deshalb als wichtigfier Vorfioß in diefes Gebiet betrachtet werden. Immerhin blieb noch die grundlegende Arbeit, die Wahl über die vorzunehmende Stärke der Zurichtung, den Dispofitionen des betreffenden Druckers überlaßen; die technifche Ausführung aber mußte mit mechanilchen Mitteln erfolgen.
Die Hauptmerkmale diefes Verfahrens find die Sprip- und Schabtechnik. Durch befondere Apparate, die übrigens noch kofifpielig find, wird die angezeichnete Zurichtung befprfot und gefchabt. Mit diefer mechanifchen Zurichtung feilte nach Angaben des Erfinders es möglich fein, die Zurichtung bedeutend belfer und fchneller aus
zuführen. Des weiteren feilte dadurch auch eine Vereinheitlichung und Konzentrierung der Zurichtungen ermöglicht werden unter
Anwendung bei allen vorkommenden Druckformen. Die Einführung diefes Verfahrens erflreckfe fich in der Hauptfache auf größere Betriebe, die fortwährend Bedarfan Zurichtungen haben; für kleinere Betriebe kam diefelbe vorderhand nicht in Betracht.
Die Praxis zeitigte nun allerdings nicht die Refoltate, die an Hand der Angaben in den Profpekten erwartet wurden. Vor allem mußte mit der Zeit die Anwendung diefes Verfahrens nur noch auf Werk- und Plattenformen befchränkt werden. Für Qualitäts
arbeiten und folchen Formen, die eine genau begrenzte Zurichtung benötigen, wirkte fie als Verfager. Zur wefentlichen Anwendung