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itten im Grenzgebiet zwischen Europa und Asien liegt Moskau.
Einst die Zarenstadt, Erbin von Byzanz, Trägerin der phantastischen Idee des „dritten Rom”. Unter den Kaisern des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts eine scböne Provinzstadt, barock, in sich versunken und ein wenig faul. Yor der Revolution
die Stadt der Großindustrieüen, das liberale Zen trurn der InteRigenz, der bürgerlichen öpposition, der Kunstsammliingen, in denen sich Picasso und Matisse mit den Ikonen mischten. Dann das revolutionäre Moskau der ersten schrecklichen Umsturzjahre, verhungert und verwildert, dem Tode nab. Und heute das rote Moskau, die Sowjethauptstadt, ein riesiges und lebendiges Gebilde von unermeßlicher Wirkung. Unter aRen Städten der Welt löst Moskau vielleicht die widersprechendsten Gefühle aus. Hat Moskau ein Gesicht? Tausend Gesichter Oder keines?
Von jelier nannte man Moskau das Herz Rußlands. Es hat gelitten, aber immer pulsierte es, immer war es lebendig bis auf den heutigen Tag. Das Rild des ruhelosen Herzens ist schwer zu erfassen. So mag es gekommen sein, daß man Moskau wenig verstanden hat. Die Schönheit der Stadt wurde unter dem orientalischen Schmutz fast immer vergessen. Die Leningrader von Heute, wie die St. Petersburger von Gestern, haben Moskau immergehaßt. Einen Puschkin, der Petersburg als (Jas „nördliche Palmyra besungen hat, gab es
in Moskau nie. Wie in keiner anderen Stadt gab man sich liier der Selbstverleugnung, der Verneinung hin. Darin wurde Moskau zti
einem Abbild ganz Rußlands. Man zerstörte, was zu zerstören vvar. Man machte die Augen zu. Es wurde Unmögliches, Häßliches gebaut.