FRANZ VON STUCK UND SEIN HAUS.


VON FRITZ VON OSTINI — MÜNCHEN.
D
as Haus ist der Mensch ! Immer vorausgesetzt,
daß der Mensch sich dies Haus selber gebaut und nicht beim Baumeister bestellt hat, wie einen Rock beim Schneider. Und wenn ein Künstler sich sein Heim baut, so spiegelt sich sein wahres Wesen darin oft viel klarer wieder, als in einem
einzelnen Werke. Weil in seinem Hause nicht nur sein Können und sein künstlerischer Geschmack zum Ausdruck kommen, sondern auch seine Stellung zum Leben, sein menschliches Temperament, seine ganze Physis. Ein Künstler, der Raumkunst treibt für einen Andern, für fremde Bedürfnisse, arbeitet ganz anders, als der, der sich selbst das Gehäuse anmißt, in dem er leben und einst sterben will —
und den vielleicht auch noch die Absicht leitet, in diesem Bau sein stärkstes und kennzeichnendstes Kunstwerk zu schaffen. So steht auch Franz
v. Stuck zu seinem Haus, das er sich im Jahre 1898, als ein Fünfunddreißigjähriger auf der Gasteig- Höhe in München errichtet hat: festumschlossen und einheitlich, stark, klar und gradlinig wie seine ganze Persönlichkeit ist auch sein Heim. Breit,
trotzig und selbstbewußt, anders als das Andere ringsumher, umweht vom Hauch der Antike und doch modern, monumental, ja prunkvoll, aber ohne
theatralische Gebärde — das ist das Haus, das ist der Mann, das ist der Maler! Etwas eminent charakteristisches an der Villa Stuck scheint mir der Eindruck der Abgeschlossenheit, der Ganzheit, den sie macht. Eine Welt für sich und in sich, haarscharf abgeschnitten vom Alltag, hier durch das feste Steingeländer der Straßenseite, dort durch die Pergola, hier durch die Gartenmauer mit ihrem Laubgehänge und den eingelassenen Reliefs! Auch
der Maler Stuck liebt es, seine Bilder mit der Umrahmung so zu einer Einheit zu verbinden, die sich in Ausstellungen oder Galerien gegen jede Nachbarschaft abschließt. Und auch der Mensch Stuck scheint mir so veranlagt, daß er zwischen
sich und der Umwelt gerne seine sichere Grenze hat, hinter die er sich nach Gefallen zurückziehen kann.
Der Künstler, der Malerei, Plastik und Graphik mit gleicher Sicherheit übt, ist auch sein eigener Architekt gewesen. Ein so guter, daß man wünschen muß, er hätte öfter auch diese Seite seines starken dekorativen Talentes geübt, Einer, der immer ge
wußt und immer gekonnt hat was er wollte. Dies Haus, das auf unserer ersten Abbildung mit den
wuchtigen Vertikalen seiner Pyramidenpappeln fast Böcklinsche Stimmung hat, das im Gegensatze zu