der Königin Anna oder der Sheratonepoche führt man uns zurück, ebenso häufig als man
uns mit den in der Linie so kargen, im Geiste so stolzen und selbst genügsamen Konzeptionen der entschlossensten Modernen konfrontiert. Des
halb trägt das Haus dieses aus Altem und Neuem lebendig gewirkte Kleid. Es bildet in dem architektonischen Akkord des Promenadeplatzes einen Ton, den man schon heute nicht mehr ent
behren möchte. Die schöne Wirkung der Formen unterstützt das edle Material: Muschelkalk und
Offenstettner Kalkstein, und sparsamer plastischer Schmuck, für welchen die bekannten Bildhauer Düll und Pezold verantwortlich zeichnen. Ein wirksames Detail bildet insbesondere das von wuchtigem Gewände flankierte Portal nebst Balkon mit bronzenem Reiter, dieser ebenfalls von Düll und Pezold modelliert, eine glänzende technische Leistung der Königl. Erzgießerei F. v. Miller.
So präsentiert sich das Äußere des Baues, den Bayerns greiser Regent selbst eröffnet hat, gerade wie er vor 18 Jahren das alte, jetzt ungenügend gewordene Haus an der Hartmannstraße durch einen festlichen Eröffnungsbesuch ausgezeichnet hatte. Die stattliche äußere Erscheinung lügt nicht. Zwei Windfänge, von höflichen Dienern bedient,
tun sich auf zur vestibülartigen Eingangshalle. Mehr als Eingangshalle. Es ist der Repräsentationsraum
des Hauses, in seiner architektonischen Gestaltung von der feudalen Gemütlichkeit eines herrschaftlichen Eigenhauses. Man empfängt hier die Be
sucher, man konferiert und wählt Stoffe und Teppiche aus. Den verschiedenen Zwecken dieses Raumes entsprechen seine stimmungsmäßigen Eigenschaften:
er ist hochfashionabel und sehr würdig, zugleich warm und freundlich, dank dem reizenden Motiv der Treppe und Gallerie, die ihn an zwei Seiten
um wandelt. Ziemlich lichtes Eichenholz deckt Wände und Pfeiler, mit flachgeschnitzten Ornamenten ge
ziert, deren Erfinder— zugleich Architekt des ganzen Raumes, Matthias geller ist. Sehr sinnreich ist die Eingangshalle mit dem Privatbureau der Haus
herren verbunden, nämlich durch ein schmales Fensterchen, das nicht in den Saal direkt, sondern
in die Kassenloge mündet und daher vom Besucher kaum wahrgenommen wird. Geschickt sind unter der Treppe außer diesem Privatbureau noch andere Geschäftsräume nebst Korridor untergebracht, wie denn überhaupt bei der ganzen Grundrißlösung gute Arbeit geleistet worden ist.
Ich beschreibe natürlich nicht alle Räume, berichte nur einiges Wenige über die Gesamtdispo
sition. Erwähnenswerte Teile sind im Erdgeschoß
außer der Halle die vier mächtigen Schaufenster, mit allem Raffinement ausgestattet, insbesondere auch mit einer Beleuchtungsanlage, die Ähnlichkeit mit der des Künstlertheaters hat. Ein sehr erquick
liches Bild bieten immer die darin ausgestellten Räume, dank dem außerordentlichen Geschmacke der Aufmachung. Man begnügt sich nicht mit der
sinngemäßen Aufstellung der Möbel. Man gibt ihnen durch feine Regiekünste (vollständige Aus
eröffnung DES HAUSES M. BALLIN — MÜNCHEN DURCH S. K. HOHEIT DEN PRINZREGENTEN V. BAYERN AM 21. DEZEMBER 1909.