ARCHITEKT LUDWIG MIES—NEUBABELSBERG.
LANDHAUS RIEHL-NEUBABELSBERG. VORDERANSICHT.
Zeiten, in eins der beiden Extreme, in das Schwülstige, Überladene, krampfhaft Aufgetriebene oder in die schulmeisterliche Korrektheit, in Akademismus.
Abgesehen von einigen Wiener Erscheinungen kenne ich nichts, was auf eine Barockisierung der Moderne hinwiese. Dagegen gibt es ohne Zweifel eine ganze große Gruppe junger Architekten und Kunstgewerbler, die dem zweiten Extrem zustreben. Sie sind »Nachwuchs« im reinsten Sinne des Wortes, ohne die revolutionä
ren Vorgänger un
denkbar. Sie sind herangewachsen unter dem Eindruck der ersten modernen Lei
stungen , aber sie haben nicht mitgesucht und mitgeirrt. Sie sind von dem heißblütigen verwegenen Vorwärtsdrängen nicht an ge
steckt worden. In einer Reserve stehen sie schon den Arbeiten des vorigen Jahrzehnts gegenüber, als ob sie die Alten wären, die
ARCH. L. MIES. LANDHAUS RIEHL. GRUNDRISSE. ERD- U. OBERGESCHOSS.
in kühler Überlegenheit zur Kritik berufen sind. Was wollen diese Jungen? Sie erstreben Reife, Ruhe, Ausgeglichenheit, sie verabscheuen allen Radikalismus, sie suchen den »goldenen« Mittelweg zwischen Alt und Neu. So wirken ihre Arbeiten leicht wie ein stiller Vorwurf für die früheren, wie eine Kritik. Die Jugend ist es hier auffallender
weise, die Mäßigung predigt, sie korrigiert die Lehrer, die sie an Fehlerlosigkeit, an Musterhaftig
keit übertrifft. Sicher werden wir in den nächsten zehn Jahren
eine erhebliche Zahl tadelloser, sachlich gu
ter, tüchtiger Werke von diesem »Nach
wuchs« bekommen, aber so amüsant, so menschlich packend wie die des letzten Jahrzehnts werden sie wohl nicht sein. — Das sei ohne Arg und Vorwurf konstatiert. Auch diese junge Gruppe wird im Fortschritt der Kultur eine