ENTWURF VON HERMANN MÜNCHHAUSEN-BERLIN.
SPEISEZIMMER IN EICHE. AUSF.: W. DITTMAR—BERLIN.
Da werden Vertikows mit dem Spiegel, Spiegel und Bücheretageren mit dem Sofa, Schränke und Standuhren und Kandelaber verbunden. Große Rundbögen umspannen die Betten und selbst die Türen werden mit mächtigen unverständlichen Ar
chitekturen umbaut. Man kauft das alles fertig im Magazin und glaubt dann, ein Heim zu be
sitzen, das wirkt wie ein Eigenhaus. Das Möbel in seiner nüchternen und knappen Form, wie es der Zweck und die Rücksicht auf oftmaligen Um
zug ergäben, ist dem Parvenü zu unscheinbar. Er will in erster Linie nicht Gebrauchsgegenstände, sondern auffallende, anspruchsvolle Architektur. Fassadenstil auch im Wohnraum!
Unsere Möbelfabriken haben dieser Sucht des reicheren Publikums gegenüber oft das eigentliche Möbel vernachlässigt, das Möbel hat seinen besonderen, klaren Charakter eingebüßt. Man operiert da immer mit der »architektonischen Ein
heitlichkeit« des Raumes. Der Raum solle wie aus einem Guß sein, ein Künstler soll alles bis ins Detail zeichnen, eine Firma soll alles liefern. Dieses System ergibt zweifellos, wenn Künstler und Firma tüchtig sind, etwas Gutes, das bei bloßer Betrachtung bestechend wirkt. Aber man fröhnt diesem
System bei uns zu viel und zu sklavisch. So recht wohnlich werden diese strengen Architekturräume fast nie. Was macht doch alte bürgerliche Räume so traulich, was erzeugt die freie angenehme Atmosphäre darin? Da ist alles gesund und natürlich. Die Möbel wohnen friedlich beisammen, trotzdem sie erst nach und nach, je nach Bedarf eingeordnet wurden. Sie passen vorzüglich zu einander, nicht weil ihre Linien und Verhältnisse ängstlich auf einander berechnet wären. Nichts an ihnen ist Zwang oder Absichtlichkeit, aber sie sind aus einer Tradition, aus einem Zeitgeist heraus
gewachsen, das bindet sie innerlich genug, wenn auch die Formen differieren. Und die Gruppen
ergaben sich nach dem Raum und dem Zweck mit ein wenig Geschmack von selbst.
Was sollen also die Möbelfabriken tun? Sollen sie sich darauf beschränken, gute Einzelmöbel zu erzeugen und alles weitere dem verehrten Käufer überlassen? Wir brauchen gerade nicht soweit zu gehen, wenn auch alle falsche Architektur von vornherein zu verwerfen ist. Die Fabriken werden immer Möbelgruppen bringen, um eine einheitliche Ausstattung des Raumes zu ermöglichen. Aber diese Möbel sollen und müssen wieder mehr reinen