ARCHITEKT CARL WITZMANN-WIEN.HERRENZIMMER MIT FENSTERPLATZ IN EIN. MIETWOHNUNG.
tonender Einfachheit und strikter, kühler Sachlichkeit ist doch mindestens Geist vom gleichen Geiste.
Noch deutlicher zeigt sich das im Innern der Häuser. Unsere gesamte Ausstattungskunst vom Mobiliar bis zur Tischlampe und zum Eßlöffel steht heute unter dem Einfluß eines Formengeistes, der der unmittelbare Zeuge einer von der Maschine
ausgehenden Stilentwicklung ist, Darum gibt es auch heute kaum eine technische Erfindung des
häuslichen Komforts, die sich nicht künstlerisch mit der Ausstattung unserer Wohnräume vertragen kann, vorausgesetzt, daß sie ihrem eigenen Schönheitsprinzip treu bleibt, sich nicht mit den Federn irgend eines kunstgewerblichen Schnörkels schmückt.
Das Verhältnis der technischen Formenwelt zur Umgebung verändert sich aber vollständig, sowie sie in der freien Landschaft auftritt. Die Natur gestaltet künstlerisch nach den gleichen Prinzipien wie das Handwerk, nur noch in ge
steigertem Maße. Sie schafft aus dem Vollen, mit Materialüberschuß und Materialverschwendung; und
unregelmäßig, mit allen Reizen des Individuellen, von der abstrakten Schablone abweichenden. Darum passen unsere modernen technischen Erfindungen in diese Umgebung nicht hinein. Sie wirken mit ihrer exakten Regelmäßigkeit und Materialarmut nüchtern und ärmlich in dem Reichtum der Naturformen. Viel besser stand alles das in der Land
schaft, was das alte Handwerk von Nutzformen hineingestellt hatte. — Dieser Widerspruch zwischen der Welt der Naturformen und der Welt der technischen Formen wird sich mit künstlichen Mitteln nicht versöhnen lassen, im einzelnen kann
man allerdings manches mildern. — Die Welt der technischen Formen steht in der Natur als eine fremde Welt; wo sie auftritt, wird die Landschaft entzaubert. Hier ist die Grenze, wo die künstlerische Daseinsberechtigung der technischen For
men aufhört, mag ihnen das stärkere Gewicht des materiellen Vorteils auch Macht verschaffen. In diesem Sinne wird der Ingenieur immer der unfreiwillige Feind aller Naturschönheiten bleiben. — w.