PROF. ALBIN MÜLLER-DARMSTADT. AUSF.: LOUIS FUGE. WOHNZIMMER. NUSSBAUM M. INTARSIA. WAND GRÜN.
daß auch diesen Wohnungen jenes reine Glück nicht ermangelt, von dem ich anfangs sprach. Ist guter oder schlechter Geschmack kein absoluter Gradmesser für subjektives Wohlbehagen, für ein sogenannt schönes und behagliches Heim an sich, dann wiegt das Werk der naiven Schmuckfreude nicht leichter als die erklügelte Wirkung aus den Auswüchsen des Überflusses. Banalität und Banausentum sind kulturfeindlicher als die Brutalität der Kunst des kleinen Mannes.
Einer umfassenden erziehenden Arbeit in dieser Beziehung zu Gunsten von Haus und Wohnung hat es für alle Kreise bedurft. Daß dafür auch die Architekten als Bau- und Raumkünstler ihre ganze Persönlichkeit in die Wagschale warfen, das zeigen uns in erster Linie
deren neuere Schöpfungen im Sinne der Eigenhaus- und Gartenstadtbewegung, der Heimatschutzbestrebungen und der Wohnungssiedelung für kleine Beamte und Arbeiter. Mit der Schlichtheit und Materialechtheit in den Fassaden,
mit der Klarheit der Grundrisse zog auch wieder mehr Charakter und Schlichtheit in die Wohnräume selbst ein. Aber noch andere Vorgänge haben dafür und dabei eine große Rolle gespielt. Seitdem das Hochschulstudium sich mehr der bürgerlichen Bauweise zu
wandte und nicht mehr griechische Tempel und italienische Paläste Trumpf sein ließ, besann man sich wieder auf die kunstgeschichtlich vernachlässigten Kleinbauten, so
vor allem die des 17. und 18. Jahrhunderts, der Biedermeierzeit, ja aber auch auf das deutsche Bauernhaus.
Das waren Wohnhaustypen zweckmäßiger und schlichter Anlage und Gestaltung, gediegen und materialecht von der Kellersohle bis zum First. Unter der Führung unserer Architekten lernten die Bauhandwerker daran und bereicherten damit die Verwendungsmöglichkeiten und formsprachlichen Ausdrücke der Errungenschaften unseres modernen Lebens. Aber, es soll auch dankbar anerkannt und hervorgehoben werden, daß alle jene tatkräftigen Menschen, die sich namentlich aus anderen Kunst
berufen absonderten, Maler und Bildhauer voran, dann Schreiner, die zu Innenarchitekten ausreiften, ihre Kräfte miteinlegten, jene Lehren und Werke für die Raumge
staltung und Raumschmückung durchzusetzen, die zu der heutigen Höhe der deutschen Raumkunst geführt haben.
Es fällt mir noch die Aufgabe zu, auch etwas näher auf das Mobiliar und die übrige Ausstattung und Schmückung der Wohnung der kleineren Leute einzugehen. Das polierte Möbel dürfte seiner Kost
spieligkeit und Empfindlichkeit wegen kaum eine Rolle in einer solchen Wohnung zu spielen berufen sein. Auch die Pflege fordert zuviel Zeit von der Frau; es ist ver
werflich, wenn man der Sklave seiner Wohnung wird, wenn ihr jede freie Stunde geopfert werden muß. Naturfarbene, scheuerbare oder abwaschbare ölgestrichene