NEUE BAUTEN VON EMANUEL VON SEIDL.


VON WILHELM MICHEL — MÜNCHEN.


I


n stetigem Schaffen verfolgt Emanuel von Seidl
seine Linie. Immer klarer, immer reifer werden seine Gebilde. Die Mühelosigkeit der Erfindung,
die Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit ihrer Erscheinung wächst von Aufgabe zu Aufgabe. Seidl zählt heute zu den Klassikern des modernen Einfamilienhauses und nimmt unter ihnen einen der hervorragendsten Plätze ein. In seinem Schaffen waltet der tüchtige, vornehme und nach gewissen Richtungen hin hochkultivierte Geist des neuen Deutschland. Da ist Phantasie und Erfindung, da ist Komfort und Sauberkeit, da ist ein tüchtiger Sinn für die Wirklichkeiten und zugleich höchste Eleganz des architektonischen Ausdrucks.
Das Haus Mittelsten-Scheid in Barmen zeigt, nach Seidls gutem Prinzip, ein gewisses Eingehen auf die ortsübliche Bauweise des bergischen Hauses. Die Nähe von Holland macht sich in dem Bau
stile dieser Gegend bemerkbar. Daher der breite,
behäbige, besitzfrohe Charakter des Baues, daher die weit heruntergezogenen Verschieferungen aus grauem, rauhem Moselschiefer und, das nationale holländische Fassadenmotiv, der breite Sockel in blaurotem Ziegelmauerwerk, das durch weiße Verfügung paradox und geschmackvoll gehoben wird.
Das Haus war ursprünglich kleiner gedacht und erhielt später noch einen Anbau, — es ist bezeich
nend und ehrenvoll für Seidls Schaffensweise, daß das Ganze dadurch nur an Gewachsenheit und Selbstverständlichkeit gewonnen hat. Der Turm
in der Kehle der beiden kurzen Flügel bewährt sich wieder als sehr reizvolles, malerisches Motiv.
In der äußeren Erscheinung des Hauses ist viel Weiß, zur Erhöhung des appetitlichen und irgendwie an physisches Wohlleben erinnernden Ein
druckes, auf den die ganze Schöpfung ausgeht. Die Halle zeigt deutlich das Bestreben, gewisser
maßen gewachsene und der Natur kongeniale Formen zu geben. Kaminwand, Banknische, Bogen — alles klingt launig und mit natürlichem Wohl


laut zusammen. Der Sockel aus Ziegelsteinen


kehrt auch im Haus-Innern als Leitmotiv wieder. Das Haus G. Pschorr ist das charakteristische bürgerliche Einfamilienhaus Münchnerischer Prä
gung, behaglich, gediegen, repräsentativ. Die Halle verdankt ihre Wirkung der satten Farbe des roten Porphyr, mit dem die Türgewände, Pfeiler etc. bekleidet sind. Am Kamin kam Tuff
stein zur Verwendung, wie es ja Seidl überhaupt liebt, im Innern des Hauses manchmal rauhe gegen