PROFESSOR EMANUEL VON SEIDL — MÜNCHEN.WOHNDIELE MIT KAMIN IM HAUS MITTELSTEN-SCHEID.


KUNST UND HARMONISCHE KULTUR.


glatte Flächen pikant kontrastieren zu lassen. Die Bezüge der Möbel sind teils graublau, teils aus schwarzem Plüsch. Daneben bietet die Wohnhalle ein behagliches Arrangement von Klubmöbeln. Das Speisezimmer ist aus Natureiche. Die Wand deckt ein tiefes Blau mit Silbergrau. Der Plafond zeigt die holländische Balkendecke mit Putz, wodurch ein starkes Überwiegen des Holzes und somit ein besonders warmer und behaglicher Eindruck erzielt wird. Das Büfett ist eingebaut.
Ganz auf Farben Wirkung ist der Salon gestellt. Die Wände tragen Hell-Lila mit Blau; dagegen stehen rosafarbene Vorhänge, eine bei Seidl sehr beliebte und immer anmutig-kapriziös wirkende Zusammenstellung. Die Farbe des Bodenbelages ist lichtgrau, die der Möbel zum Teil weiß, zum Teil dunklerer Holzton. Hie und da verstreute Kissen mit Stickereien bringen weitere Farbentöne in den wohllautenden Akkord des Ganzen. Ein Rahmen ist so geschaffen, der das Leben des All
tags ebenso freundlich umfaßt wie die Entfaltungen gastlicher Geselligkeit, der den individuellen Ge
schmacksäußerungen der Bewohner volle Freiheit läßt und doch dem Ganzen eine unzerstörbare formale Grundlage gewährleistet. — wilhelm michel.


Ein Kunstwerk soll das geistige Leben seiner Zeit,




ihre Stimmung widerspiegeln. Aber man darf nicht — und dies geschieht so häufig — mit un


billigen Anforderungen an die Kunst herantreten und etwa verlangen, sie solle Ausdruck einer einheitlichen und harmonischen Lebens- und Weltan
schauung sein, wenn vielleicht die Zeit selbst, aus der heraus sie ja geboren ist, vielfache Wider
sprüche und Gegensätze aufweist, zerrissen und zerspalten ist in einander bekämpfende Streitlager. Nein, hier ist nichts zu helfen mit ästhetischen Gesetzen und Normen, Satzungen und Vorschriften; sondern, wenn wir nach einem Stil in diesem Sinne ringen, dann müssen wir uns erst die Grund
bedingungen erkämpft haben, die ihn ermöglichen:
eine harmonische Kultur, eine einheitliche Lebens- und Weltanschauung. Denn das ist der Boden, auf dem eine Stilkunst dieser Rich
tung aufblühen, wachsen und gedeihen kann; und vielleicht der tiefste Zusammenhang, der die Kunst mit dem Leben verbindet. Und darum gilt es, daß unser Leben erst stark und groß werden muß, wenn
wir eine starke, große Kunst wollen! dr. e. utitz.