DAS HOTEL »KÖNIG LAURIN« IN BOZEN.


ERBAUT VON ARCHIT. BRÜDER LUDWIG MÜNCHEN.


D


as Ziel des modernen Hotels ist — kein Hotel
zu sein. Darin liegt der Gedanke, der die Entwicklung des Hotelwesens in neuerer Zeit be
stimmt hat. Die Absicht ist, alles vergessen zu
machen, was an die Unruhe der Reise erinnert und alles das zu geben, was den Fremden sich »zu Hause« fühlen läßt. Denn der Reisende be
gehrt heute nicht nur Wohnung mit Essen und Trinken, sondern er will nicht einmal mehr an das Berufsmäßige des Hotelbetriebes erinnert werden. Die Kunst des Hotelbetriebes ist die, viele Leute zu vereinigen, die alle möglichst für sich bleiben wollen. So treten an die Stelle der table d’hôte die Einzeltische und an Stelle der Einzelzimmer die Zimmerreihen, aus denen sich leicht kleine ab
geschlossene Wohnungen zusammenfügen lassen.
Aus dem Gasthause wird ein gastliches Haus, das mehr und mehr den Charakter des vornehmen Privathauses erhält. Dem Architekten erwachsen aus diesen Problemen ganz neue, eigenartige Auf
gaben. Wo diese Aufgaben richtig gelöst sind,
da fühlt sich der Reisende auch an fremdem Orte gleich behaglich. Man kommt heim wie vom Spaziergange, betritt ein Haus, vor dem man zwanzig Jahre früher nie auf den Gedanken ge
kommen wäre, daß ein Hotel darin stecke. Man wird von einem wohltuenden, geräumigen Hallen
raum aufgenommen, der den Eindruck macht, als seien wir von einem reichen Freunde eingeladen. Man steigt eine bequeme Treppe empor und erhält die angenehmsten Zimmer angewiesen, in denen
jede Linie darauf bedacht scheint, behagliche Ruhe und Zuflucht vor der Außenwelt zu schaffen.
Von der Art ist das Hotel »König Laurinin Bozen. Die Architekten Brüder Ludwig haben
es für den Bozener Hotelier Staffier als moderne Ergänzung zu dessen älteren Bauten »Bristol« und »Greif« errichtet. Bozen gewährt alle Möglichkeiten, einen solchen Bau schon durch seine Lage wirken zu lassen. Die Berge türmen sich zum bedeutenden Hintergrund, und von ferne leuchten die Gipfel des Rosengartens und erinnern an die alte Sage vom Zwergenkönig Laurin, der mit Dietrich von Bern und dessen Recken manches Sträußlein auszufechten hatte. Es war ein glücklicher Gedanke, den Neu
bau mit dem Namen König Laurins zu verbinden. Die Architektur knüpft in reizvoller Weise an heimische Baugewohnheiten der ausgehenden Barock
zeit an; der Mittelteil des harmonisch gegliederten Gebäudes wird begrenzt von zwei maßvoll vor
1911. XI. 1.