DAS EIGEN-WOHNHAUS IM VORORT.
VON PAUL WESTHEIM-CHARLOTTENBURG.


M


an wohnt nicht in der großen Stadt, wohnt
auch nicht auf dem Lande. Man ist unerreichbar für das City-Getriebe, ist gesichert vor den Geräuschen und Gerüchen, vor dem ganzen nervendurchpeitschenden Gehetz der Großstadtstraßen und doch sitzt man nicht in einem verlorenen, weltfernen Winkel, wo in ewigem Gleich
klang die Tage träge dahinfließen. Man ist nicht zusammengepfercht mit hunderterlei Menschen, nicht eingezwängt in Mietskasernen, sitzt auf eige
nem Grund, in eigenem Heim mit dem eigenen Garten und braucht diese für den Stadtmenschen schier unerschwingliche Eigenherrlichkeit doch nicht zu erkaufen durch ein völliges Verbauern.
Man lebt fern genug der Großstadt, um vor ihren Schattenseiten bewahrt zu sein, und ist ihr doch wiederum nahe genug, um alle ihre Annehmlich
keiten mitgenießen zu können. Man rückt hin
aus an die Peripherie, man lebt im Vorort. Der Vorort, das ist die Diagonale, die der moderne Mensch gefunden hat nach einem jahre
langen Hin- und Hertaumeln zwischen einer Landund einer Stadtexistenz. Beide haben ihr Ver
lockendes, beide ihre abstoßenden Seiten. Die Geschäfte, die Vergnügungen, Bildungsmöglich
keiten, die engere Verknüpfung mit allen Bewegungen und Geschehnissen der fortschreitenden
Zeit treiben die rührigsten Kinder des Landes in die glitzernde Pracht der Städte, um nach ein paar aufregenden und aufreibenden Kampfjahren in ihnen die Sehnsucht zu wecken nach der idyllischen Abgeschiedenheit ihrer Heimatsfluren, nach den Schönheiten der Natur da draußen, nach Ruhe und frischer Luft, die trotz allem Komfort in den hoch
herrschaftlichen Mietswohnungen nicht zu finden sind. Ganz zurück können sie nicht, wollen sie auch nicht; ihre Existenz und ihre Lebensgewohnheiten sind doch zu sehr verknotet mit dem steiner
nen Meer, in das alles hineinfließt, was vorwärts strebt. Ein Flüchten aus dieser Atmosphäre würde für viele das Aufgeben ihrer Existenz bedeuten. Der Kaufmann kann nicht einfach seine Geschäfte, der Gelehrte nicht seine Institute und Körper
schaften, der Beamte nicht seinen Dienst im Stiche lassen, vorzeitig kann und will sich keiner aus
schaiten aus der großen Welt; er will Teil an ihr haben, ohne von ihr erdrückt zu werden. Er will
in ihr seinen Geschäften nachgehen, leben aber will er mit seiner Familie draußen, frei von den vielfachen Widerwärtigkeiten der Stadtexistenz