ENTW.: LOTTE KLOPSCH. AUSF.: W. DITTMAR-BERLINBÜRGERLICHES WOHN- U. ARBEITSZIMMER. BIRKENHOLZ
sich mit mehr Geschicklichkeit von den letzten Strömungen treiben läßt, wird kritiklos über
schätzt, trotzdem seine Geschicklichkeit nichts anderes als künstlerische Gewissenlosigkeit ist.
Es wäre töricht ihn anzuerkennen, nur weil er »mitmacht«. Die einzige Legitimation, die es gibt: die künstlerische Qualität, hat er nicht aufzuweisen. — Sie wird für den wahren Kunstfreund immer entscheidend sein. Ganz gleich, ob einer daher kommt mit einem konstruktiven Gefüge, mit Flach- oder plastischem Orna
ment. Alles hat seine Berechtigung, sofern es wahrhaft empfunden und gekonnt ist. Und alles ist verfehlt, wenn man nicht den Künstler, sondern den gewandten Macher verspürt.
Einseitig nach irgend einem Grundsätzchen bekritteln ist nicht schwer; der künstlerischen Eigenart ist aber nur beizukommen, wenn man
sich dem schöpferischen Willen hingibt. Ist er stark, so wird er mitreißen, natürlich auch nach einer neuen Richtung. Prinzipiell sich dem ent
gegenstemmen zu wollen, zeugt von einem
schwachen Instinkt für das Ursprüngliche. Nun gibt es nicht wenig Leute, die aus Angst, sich nicht schnell genug einstellen zu können, Hosianna
schreien, noch ehe sie im Innersten gepackt sind. Auf tastende Versuche, wie wir sie eben mitansehen, können sie allzu leicht verderblich ein
wirken. Sie hetzen den Künstler in Arbeiten hinein, die noch unausgereift in ihm schlummern, sie tragen mit an der Schuld, wenn er in unzu
reichenden Ansätzen stecken bleibt. — Es wäre bedauerlich, wenn die neuen dekorativen Strö
mungen solchen Fährlichkeiten erliegen würden. Noch ist keineswegs Ursache, an der Gestaltungs
kraft und der schöpferischen Phantasie unserer neuzeitlichen Künstler zu zweifeln; das Publikum sollte ihnen aber auch die Ruhe gönnen, die sie brauchen, um schönen Reichtum zu ent
falten. Auf ein paar frühe Früchte mehr wollen wir gern verzichten, sofern wir durch kostbare Entzückungen entschädigt werden. — w.
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Es gibt nichts Absolutes in der Kunst. Kunst
ist nicht Wissenschaft. Der Weg für neue Versuche, für neue Methoden, neue Anwen
dungen und Ausnutzungen ist immer offen, und gerade das macht die Ausübung der Kunst in allen ihren schönen Formen so anziehend, immer
frisch und begeisternd. — walter crane.