WOHNUNGS-LUXUS - KEIN LUXUS.


VON DR. E. W. BREDT-MÜNCHEN.


U


nsere Zeit steht im Zeichen starken wirtschaft
lichen Aufschwungs. — Doch zur Freude am wirtschaftlichen Gewinn, zur Angst vorm Verlust gesellen sich Klagen über sinnlosen Materialismus und Luxus. Solche Klagen sind berechtigt. Denn wenn am wirtschaftlichen Aufschwung, dank un
serer sozialen Anschauungen und Verpflichtungen, alle Kreise des Volkes teilhaben, so wird der materielle Sinn des Einzelnen für eine möglichst behagliche und reiche Lebensgestaltung nicht in jedem Falle gelenkt durch hochentwickelte und stark gefestigte intellektuelle Kultur. So gehen der Kultur Riesensummen zu gunsten der äußeren Zivilisation verloren. — Wir schwärmen nur platonisch für die große genügsame Zeit der italie
nischen Renaissance — unsere Lebensführung aber ist ähnlich der der Großen und Kleinen im kaiser
lichen Rom. Unsere Häuser und Wohnungen sagen genug davon, sagen freilich nachdrücklichst auch, daß es lächerlich, schädlich, ja sogar kultur
feindlich wäre, das Verlangen fast aller nach Anteil an allen hygienischen und praktischen Errungenschaften moderner Haus- und Wohnungs
einrichtung zu bemängeln, zu unterdrücken. Das Verlangen nach Heizung und Belichtung, Lüftung,
Bewässerung für Küche, Wohnräume, Bad, sei mit allen Mitteln und Möglichkeiten unterstützt, wenn auch die Erfüllung dieser Wünsche Bauen, Wohnen, Leben naturgemäß verteuert, wenn dadurch auch nur Gesundheit und Behagen der Einzelnen und
der Gesamtheit besser gewährleistet wird — nicht aber das Glück der Einzelnen oder der Völker. Nicht Glück, nicht Ansehen. Wichtig ist’s jetzt das zu betonen. Es ist Pflicht der Zivilisierten möglichst hygienisch zu wohnen, aber jeder macht sich der Kulturlosigkeit schuldig, der mit der
bestmöglichen Erfüllung sanitärer und ähnlicher Forderungen seine Aufgabe der Wohnungsge
staltung erfüllt sieht. Das gilt nach oben, nach unten. — Banausentum und Kultur sind wirt
schaftlich unabhängig, können in armen und reichen Häusern zuhause sein, denn Banausentum ist Be
fangenheit, Kultur ist Glück. — Wer daraufhin unsere Häuser prüft, wird viel Befangenheit ge
rade in den Wohnungen derer finden, die kaum wirtschaftlich beengt sind. Wir kennen viele reiche Herren und Familien, die luxuriös leben, doch jeden Wohnungsluxus, der über jene sanitär
technischen Anforderungen moderner Zivilisation hinausgeht, entbehren mögen. Das ist kulturlos.