»WAS IST QUALITÄTS-ARBEIT?«
VON ANTON JAUMANN IN BERLIN.


E


s ist leicht, Qualitätsarbeit fordern, nach dem
Schema etwa: Schundware ist ein Zeichen von Unkultur, verdirbt den Arbeiter, schädigt die Volkswirtschaft. Schwerer ist es schon, in der Wirrnis gewerblicher Schwierigkeiten Qualitätsware zu erzeugen, der gute Wille und die Prinzipienfestigkeit tun es da nicht allein. Aber beinahe unmöglich scheint es, den Begriff Qualitäts
arbeit zu definieren, klipp und klar und für jeden verständlich zu sagen, was so genannt werden darf, was nicht. Es ist wie bei den meisten Schlagwörtern: jeder verbindet damit eine andere Vorstellung. — Der Gegensatz zur Qualitätsarbeit ist wohl die Schund- und Schleuderware; so nennen wir alles, was aus schlechtem Material, in liederlicher Technik, zu billigsten Preisen her
vorgebracht wird. Das klingt in der Theorie einfach und eindeutig. Und soweit offensicht
liche Fehler, Brüche, faule Stellen vorliegen,
wissen wir ja, daß wir Abfall, Ausschußware v°r uns haben. Aber beim Eingehen auf Ein
zelheiten erheben sich doch Zweifel. Was sind z. B. Webefehler? Es gibt Leute, die verlangen g atte, ebenmäßige Gewebe, andere, und gerade die Feinschmecker, die sehen die Knoten, Ver
dickungen, die Fasern, die Streifen, die undichten Stellen ganz gerne. Sie lieben die Schlieren im Glase, die Risse in der Glasur, die Gußblasen. Wenn man diese »fehlerhaften« Stücke billiger bekommt, warum soll man sich das nicht gefallen lassen? Aber sie verraten doch ein mangelhaftes
Können und eine Unachtsamkeit des Arbeiters? Sei es! Dann kann ich sie als Bekenntnisse
menschlicher Unzulänglichkeit und Eigenwilligkeit des Materials gerade sympathisch finden. Und erst, wenn das Können soweit geht, daß solche Fehler:Schlieren, Risse, Knoten künstlich, absicht
lich angebracht werden, beginne ich zu streiken.— Die Höhe des Preises ist gleichfalls keinerlei Merkmal von Qualität oder Schund. Gute Ware kann unter Umständen billig sein, und schlechte teuer. Man sagt sogar, das Schlechte wäre immer zu teuer, meint aber heimlich dabei, das Gute könne nicht billig sein. Auch das ist ein Irrtum. Wenn wir unter Güte Haltbarkeit verstehen, so sind die billigen derben Stoffe meistens haltbarer als die feinen, die bedeutend mehr kosten. Ziegel
bauten sind z. B. billiger als solche aus Sandstein, obwohl der Sandstein leichter von der Atmosphäre zerstört wird . . . Und wenn man etwa auf die