GEHEIM. BAURAT LUDWIG HOFFMANN—BERLINDIE GROSSE HALLE IM HEUEN STADTHAUS-BERLIN
die bleibenden und erzieherischen Wert für die Nachwelt erhalten sollen. Aber bei dem Suchen nach der Form wird leicht vergessen, daß nicht die Form allein den höchsten Inhalt der Kunst aus
macht, sondern der geistige und sittliche Ernst der Persönlichkeit oder Zeit, der hinter dieser Form steht. Und von diesem Gesichtspunkt heraus betrachtet, sind alle großen Kunstwerke gleich wertvoll, es gibt keine Abstufungen nach
bestimmten Zeitabschnitten; ein Wertmesser ist nur, ob das Werk jeder Zeit etwas Neues sagen kann, seinen kulturbildenden Wert also behält und gleichsam eine verbindende Brücke über alle Zeiten hinweg schlägt. — In unserer Zeit sind nun die Werke nicht allzu zahlreich, die den Stempel einer geschlossenen, in sich ruhenden Persönlichkeit an sich tragen, die eine Einheit der Form und des Charakters des Erbauers be
deuten, und denen man eine über unsere Zeit hinausgehende Bedeutung zumessen muß. — Zu ihnen rechne ich das von Ludwig Hoffmann erbaute Stadthaus Berlins. Keiner wird sich der ernsten Wirkung entziehen können und jeder wird die Ruhe und Sicherheit wohltuend empfinden, die aus diesem Werke ausströmt. Der
Bau, der im vorigen Jahre seiner Bestimmung übergeben wurde, bedeutet die Krönung einer langjährigen Arbeit, die der Stadt Berlin eine große Reihe bedeutsamer Werke geschenkt und die dem modernen Berlin den Stempel aufge
drückt hat. Die Fäden, die von hier ausgehen, sind unendlich zahlreich. Der Segen dieser Ar
beit ruht nicht nur auf Berlin, sondern er hat befruchtend auf unsere ganze moderne Bauge
schichte gewirkt. In der großen Publikation, die über das Berliner Stadthaus erschienen ist, legt Hoffmann die Grundlagen seiner Arbeitsweise klar. Ihm wächst die Aufgabe aus dem Pro
gramm, der Grundstücksform und der Umgebung heraus. »Familien- und Gemeinwesen, sagt er, pflegen ihre Tradition hochzuhalten. Dies umsomehr, wenn sie mit Genugtuung auf ihre Vor
zeiten zurückblicken können. Und die Stadt Berlin kann sich ihrer architektonischen Vergangenheit und dabei vorzugsweise der Barock
zeit mit Stolz erinnern. Was ist da natürlicher, als das Bestreben, beim Neubau des Stadthauses, das im Mittelpunkt des alten Berlin und ange
sichts eines so wertvollen älteren Denkmals, der Parochialkirche, errichtet werden sollte, die alte