ARCHITEKTEN RUNGE & SCOTLAND — BREMEN.
Landgut »Hohenkamp« des Herrn General-Direktor Dr. Wiegand. Veranda.
- nicht besser und nicht langlebiger als die Moden vorher — als die Baumoden des 19. Jahrhunderts zumal: denn damals waren der Reihe nach ganz andere »Stile
und Formen bodenständig. — Wer aber noch nicht klar die Hohlheit der Phrase von der »Tradition« fühlt
der vertiefe sich doch einmal ernstlich in allgemeine oder spezielle Kunstgeschichten. — Die Frage — ob Tradition oder Fortschritt das Bessere — das Auszeichnende ist, wird dann rasch entschieden.
Tradition im Sinne handwerklicher Stetigkeit und Übung ist freilich gut — aber groß und bedeutend ist nur der, der der Kunst zum Fortschritt verhilft, ihr neue Wege weist, neue Monumente anderer Art als die gewohnten errichtet.
So ist s gewesen, So wird’s bleiben. Das ist ein Resultat der Betrachtung alter Kunstpraxis.
Und mag leichter in weiteren Kreisen der Künstler gefallen und hochgehalten werden, der in der als »Traditionanerkannten Kunstweise des Professors X, des Ober
baurates Y, oder des Ritters von Z schafft — so wird man doch später seine Art als die leichte eines Nach
folgers nur bezeichnen. — An solche Werke aber, die Vielen vielleicht als disharmonisch zu unserer Kunst jetzt auffallen, an Werke und Künstler, die uns jetzt noch
fragen machen, was ist das für ein neuer, anderer Geist
an die wird sich am wahrscheinlichsten dauernder
Ruhm, der Beginn neuer, künstlerischer Epochen knüpfen.
Nur an jene Künstlernamen heften sich die Entwicklungsetappen der Kunstgeschichte, die ein Neues — nicht das Gewohnte ihrer Zeit gaben. Ja das Neue, was die gaben, war meist so ungewöhnlich, daß erst allmählich das Gewaltige ihrer Gabe eingesehen werden konnte.
Die antike Plastik verbindet mit den Namen des Phidias, Polyklet, Praxiteles, Lysipp u. a. jeweils die Erweiterung des Schaffenskreises der Plastik. Ganz Rom war nur da wirklich groß, wo es die bisherige Archi
tekturwelt um noch nicht Gesehenes und Geschaffenes bereicherte. Wo Rom nur hellenische Tradition pflegte, verliert es für uns als Gestalterin. — Wenn man im 13. Jahrhundert noch immer den Rundbogen für allein traditionell, also für gut und bodenständig hätte erklären wollen — und die Kirche wäre doch am ehesten be
rechtigt gewesen, für traditionelle Form einzutreten — so hätten wir nie jene gewaltigen Dome der Gotik bekommen, die jetzt der Stolz nordischer Art sind! — Doch soll
hier nicht zuviel Kunstgeschichte traktiert werden. — Wie verhielt sich jedoch der allergrößten Einer zur Tradition ?
War Michel-Angelo nicht ein gewaltiger Zertrümmerer durch all-das was er gab?? Wie hat er allein im »jüngsten
Gericht« der Sixtina ein altes Thema behandelt. War er ein Ideal von Traditionsmeier? — oder war er nicht doch ein Revolutionär — und ein Neuschöpfer? —
Zweifellos ist die Phrase von der Tradition, der
Bodenständigkeit bald verbraucht. — Es ist eine Mode