KELLER & REINER — BERLIN.
Salon im Stil Louis X VI.
Was Keller & Reiner durch ihre Ausstellungen von freier monumentaler Kunst in den zehn Jahren
ihres Bestehens geleistet haben, ist zu bekannt, als daß wir noch ausführlich davon sprechen müßten. Hier zeigt sich erst, was ein Kunstsalon dem mo
dernen Kunstleben für unentbehrliche Dienste leistet, indem er Werke, die den Kern zu heftigsten Meinungsstreitigkeiten in sich tragen, die geeignet sind, die Spießer vor den Kopf zu stoßen und darum in großen öffentlichen Ausstellungen schwerer Platz finden, dem Publikum bekannt macht. Es seien die wichtigsten Veranstaltungen hervorgehoben. Bereits 1897 war die erste Ausstellung Constantin Meuniers. 1898: die Neo-Impressionisten. 1899: Werke Lesser Urys. 1899: Klingers Werke. 1900: Ausstellung ungarischer, französischer und eng
lischer Kunst. 1901: Russische Kunst. Rodin. 1902: Klingers Beethoven. Die Plastiken Stefan Sindings, der erst durch die plastischen Reproduk
tionen der Firma seinen Ruf über sein Vaterland hinaus begründet hat. 1903: Segantini. Sascha Schneider. 1904: Klinger, das Drama. Darm
daß die moderne Bewegung dadurch, daß ihr die reichen Leute das Verdienst entziehen und sich historischen Traditionen zuwenden, Schaden leidet, daß sie in ihrer Energie ermattet, oder sich gar wieder dem Historischen hingibt. Die prachtvolle Ausstellung französischer dekorativer Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts im letzten Monat zeigte, welch außerordentliche Fähigkeit Keller & Reiner in der Nachempfindung altfranzösischer Kunst er
langt haben. In gewissem Sinne entspricht die wachsende Richtung auf das Louis seize der sinnlichen, ausgelassenen, etwas zynischen Lebens
stimmung der reichen Berliner Kreise (allerdings fehlt ihnen doch durchaus die geistige Verfeinerung der materiellen Lebensgenüsse, wie sie die französische Adelsgesellschaft am Ende des 18. Jahr
hunderts ausgebildet hatte). Etwas von dieser
Stimmung kommt auch in dem neuen Variété intime nach dem Muster des Pariser »Moulin rouge«, dem » Folies bergère« in der Jägerstraße zum Ausdruck. Das Theater ist die jüngste Ausstattungs-Schöpfung von Keller & Reiner.