geschaffen, die gepanzerten Ritter des Mittelalters aufzufangen, wenn sie sich mit kräftigem Ruck hineinschmissen. Wie anders der auf schlanken
graziösen Füßen sich wiegende Rokokostuhl; er würde unter jeder brutalen Last zusammenbrechen, er verlangt nach leichten Krinolinendämchen, nach Kavalieren, die im Tanze fliegen und mit artiger Verbeugung sich niederlassen. Der Biedermeier
stuhl hingegen ist puritanisch und spießbürgerlich, familiär und von der Genügsamkeit einer guten alten Tante, er ist respektabel und ehrbar, wie die Bürger der vormärzlichen Zeit es waren. Ein moderner Lederfauteuil ist Symbol für Menschen, die nach hastigem Tage einer kurzen, aber intensiven Ruhe sich hingeben, er ist materialisierte
Bequemlichkeit; solch’ Gerät zeugt von einem erstarkten Selbstbewußtsein und einem wohlbegrün
deten repräsentativen Bedürfnis des Bürgertums. Es hat etwas Wetterfestes; wen seine kräftigen Arme umfangen, der vergißt des Sturmes, der durch die Straßen heult und genießt mit vollem Behagen das Feuer des Kamins.
Da das Ledermöbel soweit wirklich eine präzise Aufgabe erfüllt, da es aus anständiger Ge
sinnung geboren wurde und genügend Vernunft zur Patin hat, so ist es von vornherein gefeit gegen alles überflüssige und hohle Pathos, gegen jeden falschen Prunk, gegen jeden zwecklosen Zierat. An diesen Ruhesitzen muß alles präzis und solid sein. Ihre Schönheit besteht allein in