Arbeiten mannigfach individuellen Charakter aufprägt. Gradl’s wuchtige Einfachheit und puritanische Strenge unterscheidet sich durchaus von dem weit beweglicheren Temperament und der zuweilen sich bis zur Grazie verfeinernden Nervosität Hausteins. Stets aber bleibt bei aller Verschiedenheit der Stimmung der Typus des Ledermöbels, den wir oben fanden und ent
stehen sahen, restlos gewahrt. — Wenn wir jetzt zurückdenken an das Ledermöbel, wie es noch vor zehn Jahren harmlos wucherte, so werden wir nicht umhin können, diese Entwicklung zur Höhe — ein Stück Kulturarbeit zu nennen. Auch das moderne Ledermöbel ist ein Beweis dafür, daß die Zeiten der Nichtsnutzigkeit vorüber. Nicht, daß sie nun etwa durch eine Hochflut der Kunst ab
gelöst worden wären; gewiß nicht! Aber eine gediegene anständige Sachlichkeit wurde Gesetz und Tat. Die unfruchtbare Liebe zu Kuriositäten
ist abgehalftert; der werktüchtige Fabrikant sieht seine Ehre und seinen Ruhm darin: den Menschen
Sessel, ausgeführt von Alfred Bühler,
Ledermöbel-Fabrik — Stuttgart.
dem Rhythmus, der durch die Konstruktion bestimmt ist. Sie verlangen nach einer großzügigen, klar zu übersehenden Gliederung. Jedes unsichere Tasten würde sofort Fiasko leiden; Formen
panscherei ist ausgeschlossen. Der Architekt — das Ledermöbel verlangt wirklich nach einem Archi
tekten — muß genau wissen, welches Thema er zu gestalten gedenkt; auf die Hilfe von Zufällig
keiten kann er nicht rechnen. Auch darauf hin sehe man sich einmal genau die hier abgebildeten
Arbeiten an; man wird sofort die Bestätigung solcher zunächst theoretisch dünkenden Sätze finden. Alle diese Möbel lassen sich mit einem einzigen Blick umfangen; es gibt da nichts an verborgenen Ge
heimnissen zu entdecken. Es gibt da keine Form, deren Funktion nicht sofort verständlich wäre, die nicht sofort ein Körpergefühl hervorriefe, das uns die beste Antwort auf ihre Absicht und Herkunft gäbe. Unser Körper und dessen Wohl
sein war eben das eigentliche Thema, das der Architekt für diese Möbel wählte; eine funda
mentale Forderung für jedes gesunde Sitzmöbel überhaupt. Dabei mangelt es keineswegs an einer wohlgegliederten Formensprache, die diesen
Lehnstuhl. Entwurf von Professor Olbrich — Darmstadt. Ausgeführt von der Ledermöbel-Fabrik Alfred Bühler — Stuttgart.