DER STIL DES BESTELLERS.


VON KARL HEINRICH OTTO.
D
ie Zeitschrift »Innen-Dekoration« war meines Wissens
die erste Fachzeitschrift, die den persönlichen Anteil des Bestellers an seinem Mobiliar und seiner Wohnungsausstattung hervorhob und zu fördern suchte, um damit der Einzelanfertigung nach persönlichem Ge
schmack Vorschub zu leisten und den gedankenlosen Einkauf ganzer Ausstattungen nach Musterzimmern, meistens von Geschmacklosigkeiten geradezu starrend, einzuschränken. Daß diese Mühen nicht nur keine vergeblichen gewesen, sondern vielmehr von fast über
raschenden Erfolgen gekrönt worden sind, das kann niemand mehr bestreiten, selbst wir nicht, die wir trotz alledem immer wieder den Kampf gegen Ungeschmack und Teilnahmlosigkeit, loddrige Arbeit und Scheinware aufs neue führen müssen.
Es läßt sich unendlich viel an persönlicher Einzelarbeit leisten, wenn wir die hunderte von Dingen ins Auge fassen, die unserem »Menschen« das
jenige geben und sein sollen, was ihn nach »außenlegitimiert, dieses »außen« lediglich auf die Schale der Individualität bezogen, damit er nicht zu den gewöhnlichsten der Herdenmenschen gezählt werde.
Große Kulturzeiten sind stets von jener ganzen Erfüllung der Lebensweise durchsättigt gewesen, auch da, wo wir heute noch traditionelle Volks- oder Bauern
kunst zu spüren vermeinen. Wir werden immer mehr dahinterkommen, daß [radikale Zivilisationsarbeit nur Oberflächenkultur zu zeitigen vermag, die, wie eine
schwache Vergoldung, schnell wieder verschwindet. So müssen wir immer wieder an den Einzelnen heran, an die Persönlichkeit uns wenden, trotz Launen, Lauheit, Dickköpfigkeit, Berufs- oder Standes-Dünkel ; oder viel
mehr gerade deshalb. Je unterschiedlicher desto besser.
Wie wenig kennen wir uns alle noch auf unseren Menschen hin aus.
Da hören wir immer von dem Stil der Technik, von dem Stil des dieser unterworfenen Materials, von dem Stil des beide meisternden Künstlers. Und dann wird uns wieder ein gelehrter Vortrag über historische Stile, über einen Stil der Kirche und über die Stile der französischen Könige gehalten. Und an alledem sind wir so unbeteiligt, ebenso unbeteiligt an dem Mobiliar, das, aus Künstlerhänden stammend, uns täg
lich umgibt, wie an der Kleidung, in der wir täglich das Persönliche von uns zur Schau stellen.
Selten hat jemand den Mut, und damit natürlich auch den Bildungs- und Geschmacksvorzug, zu sagen, das und das müßte »ich« so und so haben, denn meine Meinung darüber ist die und meine Gewohnheit jene, mein Berufsleben das und meine Arbeitsweise diese und meine Liebhaberei eine solche, daß ein solcher Stuhl mir bequem,
ein solcher Arbeitstisch meinen Zwecken dienlich ist, und wiederum daß ich nur in einem solchen Bücherschrank meine Bücher und Werke und Stiche haben möchte. Aber diese, die zu solchen Worten den Mut finden und damit ihre persönliche Eigenart bekennen, müßten dann auch fähig