NEUE ARBEITEN VON CAMPBELL & PULLICH.


D
iese Träume und Werke, diese Sehnsüchte und
Versuche sind nur als Äußerungen einer in sich zerrissenen, über Ziele und Wege mit sich selbst un
einigen Kultur verständlich. Für sich allein genommen, erklären sie sich nicht. Sie bleiben in ihrer psychologischen Kompliziertheit ein Rätsel, bis man die Zeit
erscheinungen zu Hilfe zieht, gegen die sie offenbar die Reaktion darstellen.
In bewußter Absicht machen hier in ihrem beschränkten Wirkungskreise ein paar wesensverwandte Künstler Front gegen die Maschinen- und Massenkultur, die draußen die Welt mit ihren zweifelhaften Segnungen überllutet. Als Menschen wie als Künstler litten sie
unter der seelenlosen Kälte, unter dem Mangel an Tiefe und Innerlichkeit, mit denen die Vorteile der Zivilisation zu teuer erkauft waren. Sie waren unbefriedigt: Von der Lebensform, die sie umgab, von dem Stand des Wohnwesens insbesondere. Und das trotz der langen und lauten Wirksamkeit der Moderne.
Wenn sie sich nun in Opposition stellten, so taten sie’s ihrerseits doch ohne Eklat. Sie kündigten nicht große Taten an. Von dokumentarischen Werken war keine Rede. Ruhig, in gesammelter zurückgezogener Arbeit, versuchten sie das in ihr Schaffen und in ihr ganzes Tun zu legen, was sie anderswo vermißten. Was hierbei entstand, war eine Synthese. Eine Verschmel
zung von retrospektiven Elementen, von Formen und Stimmungen, die aus der Tradition herkamen, und von
Elementen, die ihre Träume aus der Vorstellung einer zukünftigen, verfeinerten und vertieften Kultur schöpften.
In der Tradition fanden sie — allerdings weniger in den offiziellen Stilen, als in den von der hohen Schule unberührten Gebieten des Bürgertums und des Bauernhauses — das Natürliche, Innige, Unbekümmerte, nachdem sie sich im Gegensatz zu dem Gemachten, Ab
sichtlichen, Steifen, Aufgeblasenen unserer Produktion sehnten. Sie gaben sich dem Zauber dieser spinnweb
umflorten Periode ohne Rückhalt hin und ohne zu fürchten, darüber ihr neuzeitliches Ich zu verwahrlosen und mit ihren Liebhabereien außer Kurs zu geraten. Auf der anderen Seite hatten aber diese jungen Phan
tasten, die aus dem fortschrittlichsten England und Amerika kamen, doch eine heftige Leidenschaft für Komfort und Lebensverfeinerung mitgebracht, die sie wiederum in unserer derzeitigen Kulturwüstenei nicht sättigen konnten. Auch nicht in den Leistungen der Ausstellungsmoderne, die nicht nur Vertiefung und Beseelung vermissen ließ, sondern auch den Zusammen
hang mit einer gehobenen Lebenskunst, als deren Folie und Werkzeug sie doch geplant war.
So erleben wir das eigenartige Schauspiel einer Opposition gegen die Moderne, die scheinbar auf der Tradition fußt, in Wirklichkeit aber mit der alten, zähen Gilde der Stilimitatoren ebenso wenig gemein hat wie mit ihren Gegnern. Ihre Ziele sind es, durch die sie sich von den »Alten« wie den »Jungen« unterscheiden.