CAMPBELL & PULLICH — BERLIN.
reizen wußten. Erst allmählich wird es uns klar, was wir dafür eingebüßt haben. Diese unersättlichen Künstler haben uns unsere simplen Hausgegenstände hinweg gezaubert und uns dafür »künstlerische Gebilde« geschenkt, die sie für gut und schön erklärten, weil sie »ästhetisch
wirkten. Sie mißbrauchten das Hausgerät, sie nahmen ihm seine wahre Natur und steckten es in ein Schau
spielergewand. Es mußte Posen stehen. Wir sollten nicht das Möbel sehen, den einfachen Gebrauchsgegenstand, sondern den interessanten architektonischen Auf
bau, die »Form«. Der Künstler bedachte nur das eine, was für eine Figur der ausgeführte Gegenstand machen würde. Er spekulierte allein auf die optische Erscheinung. So wurde das kunstgewerbliche Ent
Federzeichnung: Tochter-Zimmer.
werfen zur ausgesprochenen Zeichnerkunst. Man übertrug die Gesetze und Erfahrungen des Ornaments ein
fach ins Dreidimensionale, die Möbel wurden gebaute Ornamente.
Leider hat gegenüber dieser Verirrung die berufene Warnerin und Führerin, die Ästhetik, wieder einmal versagt. Sie hat im Gegenteil oft und oft erklärt, für die ästhetische Wertung eines körperlichen, also auch eines Gebrauchsgegenstandes, entscheide einzig und allein der Eindruck seiner optischen Erscheinung. Er sei genau wie ein abstraktes Ornament zu betrachten, losgelöst von allen Zweckbeziehungen und andern Asso
ziationen. Schön ist darnach der Gegenstand, dessen formale Erscheinung das Auge befriedigt. Die Ästhetik