ARCHITEKTEN A. KARST UND H. FANGHÄNEL IN CASSEL.
Treppenaufgang zum I. Obergeschoß, Bleiverglasung: Lauten & Pütz, Köln.
angenehm zu leben, namentlich für Leute, die viel beschäftigt sind und in einer nervös belebten Zeit weder Lust noch Muse haben, lange umher zu tändeln. Die nervöse Energie und Raschheit, die das ganze westeuropäisch-amerikanische Leben so sehr von dem be
schaulich hindämmernden und hinträumenden Orient unterscheidet, ist in diesen amerikanischen Möbelformen ausgeprägt. Wie angestrengt diese Möbeltischler dem Leben und seinen Forderungen nachforschen, dafür liefert der Küchenschrank einen groß
artigen Beweis. Dieser Küchenschrank kann nur in amerikanischen Verhältnissen voll gewürdigt werden,
wo es in der Regel an dienstbaren Geistern fehlt, und jedermann sein eigener Herr und eigener Knecht ist. Da heißt es rasch selbst zugreifen; das Notwendige beisammen haben, in einer Küche, die ebenfalls aufs kleinste Raumausmaß beschränkt ist, und wo ein
Küchenschrank ein ganzes Orchestrion darstellt, in dem man nur alle Register auf
zuziehen braucht, um alles nötige für eine erquickliche Küchensymphonie zu haben.
Hier ist alles in einem Schrank vorgesehen, hand
gerecht von den größten
Mundvorräten bis zu den kleinen Gewürzen und den Kochapparaten, Geschirren, so daß ein wohlgefüllter Schrank dieser Art alles zu bieten vermag, was eine Koch
phantasie verlangen kann. Die Bücherschränke kommen in Kastenteilen vor mit Glas
türen, oder in kleinen, auf
zubauenden niedrigen Kasten mit vornüberzusenkenden Glas
vorderteilen , eine Unmenge von Typen, wovon eine die andere durch ein höheres Maß von Zweckmäßigkeit zu schlagen versucht, Bücher
schränke auf hohen Beinen, mäßig groß, leicht zu trans
portieren, leicht aufzustellen, die Bücher in angemessener Höhe darreichend, vollaufstehende Bücherkästen, rund an die Wände zu reihen, mit niederen Reihen, die unter dem Fenstersims fortgehen, andere, die eine Schreibtischgelegenheit ent
halten , kurz Kombinationen in allen Größen, mit allen Vorteilen und allen An
nehmlichkeiten. Es ist mir wohl erlaubt, in diesen Feststellungen meine Untersuch
ungen, die das amerikanische Maschinenmöbel betreffen, zu wiederholen, und anzudeuten, daß die europäische Möbelindustrie auf demselben Wege zu vollendeter Sachlich
keit, schon im Interesse ihrer Exportfähigkeit, begriffen ist. Alles ist auf Vernunft gestellt, alles geht von der Untersuchung des Lebens und dessen Forderungen aus. Die Phantasie hat damit gar nichts zu tun. Ein
Möbelzeichner, der Phantasie hat, ist das gefährlichste Individuum von der Welt. Er ist im Stande, ganze Industrien zu seinen eigenen Bocksprüngen zu verleiten und sie zu ruinieren. Zuerst wird er sie vom Stand
punkt des guten Geschmacks aus ruinieren. Und dann wird er sie wirtschaftlich ruinieren, wenn die Kund
schaft inzwischen dermaßen von dem Amerikanismus angesteckt ist, daß sie Möbel- und Wohnungseinrich
tungen begehrt, die ebenso geschmackvoll und tadellos praktisch sind wie die guten Lederkoffer, die guten
Reisewagen, die Bade- und Klosett-Installationen, und was ich sonst als die hervorragendsten Typen und Merk