Das Haupt-Restaurant der Ausstellung München 1908.


ERBAUT VON ARCHITEKT PROFESSOR EMANUEL VON SEIDL.
jene landschaftliche Strophe da drüben mehr belebt werde? — Ja, es ist schier die reine Ausstellung da draußen, ein stetes Kommen und Gehen, wie ja Professor Archi
tekt Emanuel von Seidl auch wirklich eine Vorliebe für Ausstellungen, elegante und großzügige Schaustellungen hat. Siehe Galerie Heinemann. Seine alljährlichen Arran
gements im Glaspalast. Seine dominierenden Arbeiten auf der Oktoberwiese. Und so vieles andere.
Ich habe mich, sehe ich, schon ins Ausstellungsgebiet hineingeredet. Ich meine, wir befinden uns bereits draußen im Bavariapark, in der »Ausstellung 1908«. Wer die gesehen hat oder sehen darf, ist glücklich zu preisen, wer nicht, wird sich wohl nie einen richtigen Begriff davon machen können. Handelt es sich doch nicht um das gewöhnliche grellbunte Jahrmarktstreiben und nicht um eine große Schau im
althergebrachten Sinne : — nein, was München diesmal geleistet hat, steht ungleich höher, ist sogar in seiner Art einzig. In einen solchen Wettbewerb von Kunst, Industrie, und so fort mit einem bedeutenden Wert ein
zutreten, konnte wohl den größten Künstler reizen — und so durfte man gespannt und neugierig sein, wie sich E. v. Seidl mit seiner Aufgabe »Hauptrestaurant
abfinden würde. Zumal er in Bezug auf dekorativen Schmuck und dergleichen an kein knappes Programm gebunden war. Andererseits freilich war seine Aufgabe keine leichte; drängt sich doch da draußen in schier
E
manuel von Seidl gehört zu den seltenen Künstlern,
die den Fabrikbetrieb selbst heute noch verschmähen; seine Kunst ist ihm viel mehr eine Lebens
notwendigkeit als das bekannte Rechenexempel mit dem klirrenden Unterton ... Er schafft, weil er muß und es hat ihn auch Mühe gekostet, seine heutige, seine lichtglänzende Höhe zu erreichen. Erst konventionelle Formen, dann ein Besinnen auf sich selbst, ferner die Moderne, endlich die Meisterschaft . . . Aber selbst heute verschmäht es dieser Künstler nicht, noch zuzu
lernen — sein geliebtes Murnau, der schöne Landsitz, im Grunde ist er dem Architekten ein Modell im großen, eine große Palette. Da draußen weilen, heißt für ihn nicht ausruhen. Da werden neue Bilder er
worben und gehängt, alte anders, da werden die Räume umgestimmt, ein Gerät, ein Teppich auf seine Wirkung erprobt, da sieht er zu, wie dieses Rot wohl zu jenem Interieur passen könnte, und was das »Draußen« anlangt, da gibts auch Arbeit genug. Blumenbeete er
stehen, eine Waldschlucht wird angelegt, man sorgt für eine dekorative Bewachsung des Hauses und kom
poniert den dunklen Ton hoher, geradeliniger Bäume in die blühende, stäubende, sommerliche Landschaft . . . und dann, bitte, wie könnten sich hier, im kühlen Schatten hoher Kronen, wohl die schnittigen Korbmöbel von Julius Mosler machen, und sollte man nicht durch die Flüge weißer und vielbunter Tauben dafür sorgen, daß