PROFESSOR EMANUEL VON SEIDL — MÜNCHEN.Fontänen-Anlage auf der Ausstellung.
tischer Fülle aut und nieder. Doch die Wasser raunen und rauschen nicht nur — sie sind auch unruhig in der Erscheinung und so sehen wir ihnen als Gegengewicht gleichsam einen Rahmen, einen reizvollen Auf
bau aus Holzstäben beigesellt, der seine Bekrönungen, Felder, seine Muster hat, mit dem großen Mittelstrahl herabsinkt, um in niederen Abmessungen, die Wasser
fläche begleitend, auszuklingen. Denn der imposante Kaskadenbrunnen hat auch was die Ebene anlangt, ein recht beträchtlich Gebiet eingeräumt bekommen . . . und sein Bassin mißt sich wahrhaftig nicht in wenigen Schritten ab. Der außerordentlich wohllautende Rhyth
mus des Bassins wird zudem noch durch vier große Werke der Plastik belebt und gesteigert, deren prächtige Silhouetten mächtige Felsblöcke emporschieben. Vier schrieb ich, aber eigentlich sind es sechs Darbietungen und zwar unserer bedeutendsten Bildhauer, aut die näher einzugehen hier jedoch nicht nötig, da ja die Ab
bildungen vorliegen. Ganz besonders anspricht uns
die »Schönheit« von Professor Hermann Hahn, während die Kalksteingruppe »Kraft« von Bildhauer Fritz Behn einen dramatisch bewegten Vorgang bis zu klassischer
Monumentalität steigert. Aber sei es nun, daß einen der farbige Glanz der Terrakottafiguren von Wackerle nach
geht, oder sei es sonst irgend ein geheimes Gelüsten : wir vermissen eine polychrome Behandlung der großen,
ganz eintönigen Gruppen. Man hätte wenigstens hier und dort ein Detail durch Gold betonen, durch eine zarte Farbe zu einer Art leisen Lebens erwecken müssen . . . einen Spiegel, das Haargehänge etc. Wenn sich die Plastik nicht einmal bei Aufgaben, wie es die vorliegende war, an die Farbe heranwagt, dann werden wir auf den »bunten Schein« bei dieser Kunst wohl noch lange verzichten müssen . . .
Einerlei. Übrigens haben wir es hier nicht mit Detail, sondern der Schilderung einer großen und vielfältigen Anlage zu tun — also sei in der Beschreibung
unabsehbarer Reihe Gemach an Gemach, Bau an Gebäude, feiern doch »Angewandte«, Plastik, Malerei, namentlich aber alle Künste des Interieurs und dieses, künstlerisch gehalten, selbst wahre Orgien . . .
Wirklich, wenn man jetzt im Bavariapark herumgeht, glaubt man zu träumen. Man sagt sich angesichts solcher Pracht: »Die Menschheit wird sich
bald vollenden.« Doch ich möchte nicht abschweifen. Es sei deshalb zum Hauptrestaurant zurückgeleitet. Diesmal lagen also, wie gesagt, die Verhältnisse für den Künstler ganz außergewöhnlich günstig: er konnte aus dem Vollen schöpfen wie kaum ein anderer, es stand ihm ein grandioses Orchester zur Verfügung. Denn es wäre schwer zu sagen, was bei dem Hauptrestaurant an Instrumenten nicht herangezogen erscheint. Da
gegen leicht, zu beweisen, wie hier alle, aber auch alle Ausdrucksmittel der Architektur, alle Schmucke, alle Stimmungsträger, himmelanragende Fanale und kleine Fliesen Dienst tun.
Im weiten Umkreis dieser festlichen Schöpfung herrscht schon Seidlsche Erde, Seidlscher Geschmack. Mir fallen hier unwillkürlich die Worte eines Be
kannten ein, der, als wir zusammen Murnau besuchten, sagte : »Ich glaube, Professor Seidl stilisiert sogar die Tiere, Frösche, Tauben, die Wolken — ein Gewitter!«
in der Tat: derlei vermag er. Denn was er an Natur zu seinen Werken heran führt, wird geadelt, wird Kunst und bekommt — es mag nun wollen oder nicht — eine ganz bestimmte Note. Nicht verwunderlich also,
daß uns die Wege der Ausstellung gerne, sanft und klug zunächst zu einer Art Vorspiel Seidlscher Kunst geleiten, zur Fontänen-Anlage, die man sich übrigens als etwas schier Selbstverständliches zu Gemüt führt.
Dabei aber welche landschaftliche Komposition ! Die »einödige Pracht« des Parkes unterbrechen da nämlich plätschernde, weiße, zum Himmel auf drängende Wassermassen; besonders der mittlere Strahl wogt in majestä