Zudem lassen bekanntlich Worte der Farbe gegenüber vollkommen im Stiche; der große Festsaal aber sowohl als wie die Nebensäle bauen ihre Wirkung zum großen Teile auf der raffiniert verwendeten Farbe auf. Denn war Seidl stets ein aparter Farbenzauberer: hier hat er alle seine Leistungen weit überboten und handhabt Nuance und vollen, leuchtenden Wert mit einer Sicherheit, die einen wahrhaft berauscht. Die dunklen Sesseln, die schönen Holzflächen, die weißen Wände, die aparten,
ja ganz fremd tuenden Farben der Wandfluchten des einen Nebensaales, die zarten Bilder, die kostbar gedeckten Tische, der Beleuchtungskörper glitzernd Geriesel, die herrliche Teilung großer Abmessungen durch
streng gerade Linien, die nettesten Blumen-Arrangements auf den weißen Tischen, dazu die reichgekleideten fremden Frauen, die sich im Festsaal und Nebenräumen behaglich fühlen — das müßte alles in einem gar er
lesenen Deutsch, als Skizze oder Plauderei, gegeben werden, und nicht in der trockenen Weise eines Referats. Wie prachtvoll und prachtschön nur die Portale allein schon dastehen, zeigen immerhin einigermaßen unsere Bilder; von der Eleganz der Interieurs geben sie wohl auch einen Begriff, und wohl auch einen von den gewaltigen Dimensionen des Festsaales. Das Decken
gemälde dieses Saales hat Professor Ludwig Herterich geschaffen. Ich erwähne es in diesem Zusammenhang nur kurz; vielleicht lag es an dem trüben Tag, an dem ich das Restaurant zum letzten Male sah, daß es mir in der Farbe trocken und viel zu schwer er
schien , überhaupt zu viel Staffeleibild und zu wenig Schmuck . . . Ein Fresko, das muß leicht und spielerisch
BILDHAUER KARL
EBBINGHAUS — MÜNCHEN.
Kalksteingruppe : » Phantasie « vor dem Haupt - Restaurant.
Wir möchten nun den Leser ins Innere des Restaurants geleiten, darin herumführen — wahrlich keine leichte Aufgabe! Nicht etwa deshalb, weil eine unabsehbare Fülle an Detail an uns herandrängt — dies ist nicht der Fall — sondern weil der Architekt gerade im Inneren seines Bauwerks schier übermenschliches geleistet hat. jeden Vergleich gibt man ange
sichts dieser Interieurs alsbald als gänzlich nichtssagend auf; die Kritik verstummt, da vor etwas ungeahnt neuem stehend; alle Maßstäbe lassen im Stiche und mit kühlem Verstande einem derartig wagemutigen Schaffen nachzugehen, gibt man auch alsbald und gerne auf. So wie Seidl im Festsaal und den Nebensälen
diesmal verworfen hat, was wir Leute des Wortes mit Satzlehre, Satzgefüge, Interpunktion benennen, um ganz willkürlich und nur seinem Geschmack vertrauend, zu schalten und zu walten.
Man muß also diesen Interieurs mit den Augen der Liebe und der Güte nahen, ein anderes Rezept weiß ich nicht. Und man muß hier wieder vom
grandiosen Orchester reden. Denn Seidl sammelt es da wieder um sich, um besonders in dem großen Festsaale mit wahrhaft dramatischem Schwunge ein Weihe
festspiel aufzuführen. Diese leichte und großartige
Geste des Befehlens war sonst nur Makart eigen, aber bei aller Knappheit solch unerhörter Glanz — das ist Seidls spezielle Tat! Anmut ist hier zu einem monumentalen Ereignis geworden.
Doch kann von uns nicht verlangt werden, die Interieurs in einer erschöpfenden Würdigung zu geben, dazu würde nur die Form einer Monographie ausreichen.
BILDHAUER BERNHARD BLEECKER — MÜNCHEN.
Kalksteingruppe : »Reichtumvor dem Haupt - Restaurant.