Ist denn Essen und Trinken so etwas gar Edeles? Eine andere Auffassung wird vielleicht vornehmlich
unsere Zeit berücksichtigen. Ja, ein anderer Kritiker kann auf den stark demokratischen Zug unserer Zeit verweisen. Kann man doch mit Recht behaupten, daß sich im übertragenen Sinne — Reichtum mehr und mehr verallgemeinere. . . Und wenn wir schon in der Eisenbahn, im Auto, in der Trambahn, im Warenhause, der modernen Gemälde-Ausstellung usw. usw. vor Werten stünden, die jedermann zugänglich, warum soll die Art und Weise, wie der Bevorzugtere speist, sich nicht im heutigen Restaurant wiederspiegeln, warum nicht ge
wissermaßen Gemeingut werden, wie so vieles andere? »Nein, laßt uns nur elegante Restaurants, großzügige Säle bauen, rahmt uns auch die Stunden, in denen wir uns selbst oder in denen wir unsere Freunde auswärts zu Gaste laden, gediegen, in Golde ein«.
Ich könnte noch so manches Urteil an den Leser heranführen. Und ich leugne auch nicht, daß es mir Freude macht, mit den Kugeln verschiedener Meinungen zu jonglieren, während ich selbst dastehe — auf mathe
matisch sicherem Postament. . . Ich schrieb nämlich von grandiosem Orchester, märchenhaftem Luxus, von einer Dichtung voll Licht, Seide, Glanz; ich weiß das ganz gut. Derlei vermag nun leicht zu dem Glauben zu veranlassen, als habe der Künstler in materieller Hinsicht vollste Bewegungsfreiheit gehabt. Nach sehr sorgfältigen Informationen müssen wir dies aber gerade
zu verneinen; allein dem Geschmack E. v. Seidls ist es gelungen, mit den vorhandenen Mitteln das Ge
schilderte zu schaffen . . . mit im Grunde gar nicht großen Mitteln. Indem ich diese Gebundenheit unter
streiche, wende ich mich speziell an Architekten — denn es ist interessant, den Faktoren nachzugehen, die die eminente Wirkung dieser Räume schufen, schaffen. Sie heißen, um mich zu wiederholen, viel weniger teueres Material als künstlerische Disziplin, Farbensinn, Geschmack, wieder und nochmals Geschmack.
Noch einige kleine Angaben wird man vielleicht nicht verschmähen.
Der große Mittelsaal ist auch als Konzertsaal gedacht. Damit erscheint seine Höhe schon in eine andere Beleuchtung gerückt. Im ersten Projekt sollten übrigens auch die Nebensäle zu dem Konzertsaal, wenn nötig, in Kontakt treten können; die Sache so durchzuführen, unterließ man aber später. Ferner muß er
wähnt werden, daß das »Hauptrestaurant« bestehen bleibt. Es war nie für wenige T age, sondern stets als eine bleibende Zierde Münchens gedacht.
Endlich, und um möglichst gerecht zu sein, dart man auch das nicht vergessen: des Künstlers Bemühen galt einem Ausstellungsbau! Einer Arbeit, weithin sichtbar. Und da wollte er vielleicht sehr absichtlich zum international geschulten Weltmanne werden, zeigen, daß »der deutsche Gedanke« nicht nur in die Tiefe,
nein, auch in die Breite gehen könne . . . Oder er wollte überhaupt einmal sein ganzes überwältigendes Können zeigen.
Jedenfalls Ehre ihm und Dank!
Ihm, dem großen deutschen Künstler, der — um einmal in unserer Sprache zu reden — mit diesem neuen Werke der deutschen Architektur immerhin die Prachtmuschel des indischen Ozeans geschenkt hat.
MÜNCHEN. MORIZ OTTO BARON VON LASSER.
Brunnen - Figur vor dem Hauptrestaurant.
PROFESSOR ERWIN KURZ — MÜNCHEN.
PROFESSOR ERWIN KURZ — MÜNCHEN.
Brunnen - Figur vor dem Hauptrestaurant.
Raumabmessungen arbeiten dart, wie sie sonst nur in der Kirche gebräuchlich sind, hier eben heiliges Recht. Das ist speziell auf die Höhe des Saales gemünzt . . . aber wozu Worte? der Künstler hat ja seine Ent
scheidung schon getroffen . . . Drittens: Mußte denn solch märchenhafter Luxus an solcher Stelle erstehen?