ARCHITEKT PAUL RENNER-CHARLOTTENBURG.
SPEISEZIMMER. VILLA NEUBECK. BÜFETTNISCHE MIT MALEREI.
düngen. Das Kapriziöse der Frau aber dominiert an allen Ecken und Enden und lechzt nach immer neuen Befriedigungen. Und so ist dies das ausgesprochene Zeitalter des Raffinements, des pikant Neuen geworden, über dem aber immer versöhnend und verklärend die zarte Kunst weiblicher Grazie und Schönheit schwebt. Und dies alles hat dann auch der folgende Stil, der unter dem Einfluß der neu erwachenden Antike wieder ein wenig erstarkte Stil des Louis XVI. noch nicht verloren; nur daß das Kapriziöse damals für lange Zeit verschwand. Erst das in der Revo
lutionszeit geborene Empire hat dann diese ganze Kultur und Kunst hinweggefegt, und jetzt wieder, wo der Mann allein etwas galt, mit Hilfe der Antike einen ganz männlichen Stil an deren Stelle gesetzt.
Was folgt aus diesen Beispielen, die keine Ausnahmefälle, nur besonders deutliche sind, für un
sere Zeit und unsere Kunst mit unerbittlich


logischer Notwendigkeit? Auch sie muß eben, wofern sie wirklich mit unserem Leben enger ver


wachsen und ein wirkliches Teil desselben werden will, als unabänderliche Grundlage von vornherein eine gewisse Verfeinerung, ein gewisses Raffinement annehmen, das dem unserer Zeit oder vielmehr derjenigen Kreise, für die heute unsere Kunst
in erster Linie arbeitet — denn eine »Volkskunst«, für alle Schichten unseres Volkes bestimmt, kann es heute nicht geben — annähernd entspricht. Sie darf für gewöhnlich keine Wirkungen hervorbringen,
keine Eindrücke uns aufzwingen, die gar zu weit entfernt stehen von denen, an die uns sonst unser kulturelles Leben gewöhnt, die uns so sehr erschrecken, daß wir darüber jede Ruhe und Samm
lung zum Genuß verlieren. Diese Forderung gilt in der Kunst immer, mit ganzer Strenge aber für jene ihrer Gebiete, die wirklich mit un


serem Leben völlig verwachsen, die unsere tägliche Umgebung, unsere stetige Beglei


tung ausmachen: für die Architektur und das
Kunstgewerbe, vor allem für die Innenkunst, die Kunst unseres Heims. Mögen in jenem Reich der freien Kunst, das sich selbst Zweck ist, in jenen Werken der Malerei und Plastik, die blos um der Kunst Willen geschaffen werden, die keine eigentlich schmückende, dekorative Bedeutung für unser Leben besitzen, deren Ziel darum auch meist nicht unser Haus, sondern das Museum, die Galerie ist, immerhin Töne und Stimmungen angeschlagen werden, die zu denen unseres gewöhnlichen Lebens nicht passen. Es ist Feiertagsstimmung, mit der man diese Stätten alle betritt,