DAS NEUE „KAUFHAUS DES WESTENS“ IN BERLIN.


VON ANTON JAUMANN — BERLIN.
I
m Westen Berlins, in dem großen Wohnviertel
zwischen Kurfürstendamm und Potsdamerstraße, liegt das neue Kaufhaus. Seine architektonische Umgebung ist nicht weniger als schön. Da ziehen in langer Flucht die Prachtstraßen mit den prunk
strotzenden hochherrschaftlichen Häusern, in denen der Berliner Parvenu die Boulevards von Paris kopieren wollte ....
Wie ein Symbol schlichter, gesunder deutscher Kraft und Ehrlichkeit steht das Kaufhaus mitten zwischen dieser Falschheit, dieser lügenhaften Groß
tuerei. Ruhe, selbstbewußte Festigkeit spricht aus
seinem Antlitz, nichts an ihm will imponieren, nichts überraschen. Kernhaft, bieder grüßt es den Fremden, aber es verschmäht alle Mätzchen, um
ihn anzulocken. Auf dem Dache thront keine Weltkugel, vergebens sucht man Merkur, den Gott der Kaufleute und — Diebe, vergebens Genien mit Füllhörnern. KeinWappen. Keine Firma in Riesen
lettern. Keine Lichteffekte. Was außer dem milden Leuchten des herrlichen Steins und dem gutdeutschen roten Dach zu sehen ist, ist nur erfreu
liches: Meisterliche Plastiken von Wrba, die aber aus dem Organismus der Steine kaum heraus
treten, ein paar Bronzelaternen, eine schöne Uhr und ein Kranz von frischem Pflanzengrün, der auf der Höhe des ersten Stockes um das Haus läuft, außerdem noch zwei größere Bronzen wieder von Wrba, die wundervoll warm sich vom Kalkstein abheben.
Das Kaufhaus liegt in einer Wohngegend und hat selbst etwas vom Charakter des Wohnhauses. Die Fenster sind relativ klein, die festgefügten Mauern hüllen wie eine Haut aus Stein den Baukörper ein. Man hat eine Etagenarchitektur ge
wählt, wie beim »Oberpollinger« in München, auch dies erhöht den wohnlichen Eindruck. Aus Glas und Eisen allein wird sich nie ein wirkliches Haus bauen lassen; diese kalten, ungemütlichen Käfige, die, was sie bergen, nicht auch den Blicken der Außenwelt verschließen, zerstören unweigerlich die architektonische Wirkung ihrer Straße. Sie wären ganz deplaziert neben Wohnhäusern.
Eine straffe Disposition, die die Geschosse übersichtlich gliedert, verleiht der äußeren Erscheinung des Hauses Bestimmtheit und Größe. Nur die beiden Treppentürme und der Zug der Balkone unterbrechen und beleben die Strenge der Archi