ARCHITEKT EMIL SCHAUDT—BERLIN.Kaufhaus des Westens. Haupt-Eingang.
der Formen des Verkaufs, auch dies ist in gewissem Sinne Kunst. Unsere Ästhetik freilich weiß keinen Namen für diese Kunstart. Sie ge
hört nicht zur Architektur, nicht zur Dichtkunst, nicht zur Malerei. Und doch ist es ein Gestalten wie in der bildenden Kunst, ein Gestalten aus der Fantasie und aus dem Empfinden heraus. Erfahrung, technisches Geschick, verstandesmäßige Überlegung genügen da nicht, wenn sie nicht mit dem feinsten
Geschmack verbunden sind, mit jenem höchst subtilen Empfinden für die Imponderabilien des gesellschaftlichen und geschäftlichen Lebens, das auch die flüchtigsten Stimmungswerte noch aufzunehmen und zu meistern fähig ist. Die künst
lerische Aufgabe ist, ein vollkommenes Milieu zu schaffen für Handel und Verkehr mit einem vor
nehmen Publikum, ein Milieu, das eine für die Schönheit, die Begehrlichkeit der Waren empfäng
liche Stimmung schafft, das Bedürfnisse weckt, das den Gast leise umfängt und ihn mit Vertrauen und Bewunderung erfüllt, das unsichtbare Bande schlingt zwischen ihm und dem gastlichen Hause.
Der Dilettant entledigt sich dieser Aufgabe, indem er einige Äußerlichkeiten kopiert, die er in führen
den Häusern wahrgenommen. Eine vollendete künstlerische Lösung gelingt nur, wenn der ganze Betrieb von der einen Idee geleitet und bestimmt wird. Der Regisseur des Kaufhauses muß sich in die Seele des Besuchers versetzen und alle seine Stimmungen und Eindrücke in sich nachschaffen können, er muß die Elemente dieser Stimmungen auslösen und sie zusammenfassen, aufbauen können
zu einer wohlklingenden Melodie. Wie der gute Orchesterdirigent seine vielstimmige Partitur mit umfassendem Blick beherrscht, hier eine Stimme zurücktreten läßt, dort eine Melodie ins Licht hebt, so schaltet der Dirigent des Kaufhauses, den Blick aufs Ganze gerichtet, mit Waren, Personen, Geräten, Räumen. Die Aufbewahrung und Grup
pierung der Waren, die Beleuchtung, die Form der Schränke und Tische sind ihm nicht minder wichtig als die Verkehrsformen des Personals, die Zahlungsweise, die Besorgung der gekauften Ware. Aus solchen verfeinerten, kultivierten Formen