WIENER WOHNUNGS-KUNST.




ZU DEN ARBEITEN DES ARCHITEKTEN CARL WITZMANN — WIEN.




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as hohe Qualitätsniveau, das der Wiener
Möbelbau einnimmt, beruht auf zwei Voraussetzungen: erstens auf der anerkannten technischen Vorzüglichkeit der Wiener Tischlerarbeiten und zweitens auf dem sachlich künstlerischen Einfluß, der in diesen Arbeiten zu spüren ist. Das begreift heute jeder Wiener Tischler, daß der Handwerker mit dem Künstler Hand in Hand gehen muß. In Wien ist heute keine Raumausstellung mehr mög
lich, die von Tischlern ohne die Mitarbeit der jungen Künstlergeneration geschieht. In einem Land und in einer Stadt, die eine solche Qualitäts
produktion aufweist, wie Wien durch die Wiener Werkstätte, muß eben Alles, was irgendwie mit
kann, vorwärts trachten und Zusehen, daß es nicht hinter der Zeit bleibt. Es muß schon Einer ganz borniert sein, der nicht mit den reichlich vor
handenen künstlerischen Kräften, die durch die Disziplin eines Joseph Hoffmann gegangen sind, einig wird, und mit ihrer Hilfe den rechten Weg zu finden weiß. Das wissen denn auch die Wiener Tischler ganz gut und sie haben sich heuer wieder zusammengetan, mit Hilfe dieser jungen, eifrigen Künstlerschaft, zu der auch Witzmann gehört, eine
Herbstausstellung zu wagen, die neuerdings einen Beweis liefern soll von dem, was man in Wien kann. Die Prinzipien der sachgerechten Wohnungs
ausstattung stehen ja vollkommen fest; nichtsdestoweniger ist das Problem täglich neu. Die organische Idee steht obenan, aber das Sachlichkeitsprinzip läßt einen ungeahnten Spielraum für die Entfaltung neuer und eigener Raumgedanken, die aus der Gefahr der Monotonie und der Schablone heraus
führen. Natürlich kann es sich dabei nicht um den Bau und die Einrichtung ganzer Häuser handeln, wo ja der Architekt größeren künstlerischen Spiel
raum hat. Das Problem ist nicht das Eigenhaus, sondern die Mietwohnung. Und was die Wiener Tischler mit Hilfe der jungen Architekten bringen, sind vor allem Lösungen dieses Themas.
Zweifellos wird die neue Ausstellung eine Menge neuer fruchtbarer Gedanken bringen. Es gilt von vornherein festzustellen, daß die Wiener Künstler vor allem durch die Betonung der Materialschönheit hervorragen und in dieser Hinsicht ge
radezu als Erneuerer dastehen. Die Idee liegt im Material, in der geistreichen und praktischen Anwendung der natürlichen Vorzüge, die sofort zu