ARCHITEKT CARL WITZMANN — WIEN.Wohnzimmer J. W. F. — Berlin. Ausführung: J. Soulek — Wien.
genden finden wir noch die alten ländlichen und städtischen Wohnräume in weißer, oder in schöner blauer oder grüner Farbe getüncht. Das Möbel selbst, aus Weichholz gearbeitet, ist bunt bemalt, rot oder blau und in den Füllungen der Türen prangen stilisierte Blumensträuße mit architekto
nischem Instinkt von dem bäuerlichen Künstler aus der Erinnerung an die heimatlichen Fluren in
den gegebenen Raum hineinkomponiert. Wer’s noch nicht auf dem Lande gesehen hat, kann’s in
allen volkskundlichen Museen mit Muse studieren. Das volkstümliche Spielzeug, die geschnitzten Hei
ligenfiguren in den Landkirchen und alles, was irgendwie Farbe vertrug, wurde nach der heraldischen Farbenskala bemalt. Wir dürfen nicht annehmen, daß zwischen allen diesen übereinstim
menden Erscheinungen irgend eine Verabredung, eine stilistische Konvention liegt. Im Gegenteil. Wir können Völker aller Zeiten und aller Weltteile miteinander vergleichen und dieselbe Über
einstimmung finden. Wie z. B., daß das japanische Volk ebenfalls heraldische Farben pflegte. Die einzige Erklärung die stichhält, ist der Natursinn
oder Naturinstinkt, der diese Menschen richtig führte. Denn die Natur selbst ist die Lehrmeisterin
die in der Regel schmutzig aussehen, zu vermeiden. Farbe muß durch Farbe besiegt werden. So findet man es noch in den alten Innenräumen, in den gothischen Rathäusern mit himmelblauer Decke und goldenen Sternen daran, in Burgen mit Tapeten in blau und gold, in Schlössern des 18. Jahr
hunderts mit damastbespannten Gemächern, die nach der Farbe benannt waren: das gelbe, blaue, grüne, weiße Zimmer u. s. f. Die Ornate der Herr
scher und der Geistlichkeit, im gewissen Sinne auch die Uniform, der kirchliche Prunk der Liturgie, entfalten die aus wenigen Elementen aufgebaute und unendlicher Wandlungen fähige Farbenpracht der Heraldik. Das Entscheidende liegt jedoch darin, daß die heraldischen Farben Eigentum des Volkes waren und zum Teil es noch sind. Ich will von der heraldischen Buntheit, der bis auf den Tag erhaltenen Volkstrachten nicht reden, denn sie ist allen noch geläufig und sie ist nur eine der unendlich reichen Gelegenheiten des Volkes, Farben
sinn zu betätigen. Die heraldische Farbe ist so alt, wie die Menschheit selbst. Einer uralten Über
lieferung gemäß, streicht der Bauer sein Haus, oder zumindest die Fensterrahmen und die Stuben in einer der Farben des Regenbogens. In vielen Ge