CARL WITZMANN — WIEN.
Fensternische aus nebenstehendem Raum.
ihren alten heraldischen Rang ein. Die Zukunft ist vorauszusehen, wo Blättern, die nicht dieser
Forderung großer, starker, flächiger Farbigkeit entsprechen, kein Rang zukommt. Auch das Kleid der Frau, im Hause zumindest hat an diesem
Wandel Anteil. Das Reformkleid ist häßlich, weil es zunächst mißfarben ist. Eine kräftige Farbe in der Einheit und die Materialwirkung schöner Sticke
reien und ähnlicher Edelarbeit wird dem Kleid die Vornehmheit alter Trachten wieder erwerben.
Warum sollen wir zögern, aus den Wahrnehmungen, die wir an der Kulturarbeit aller Jahrhunderte, aller Völker und Schichten überein
stimmend machen, nicht auch für die Mietwohnung Nutzen zu ziehen?
Wenn wir der Wand die Farbe geben, so ist zu bedenken, daß die Farbe wichtiger ist, als das Muster und daß die Wand als Hintergrund für die farbige Erscheinung des Möbels und des Bildes
dient. Es gibt zwei Grundsätze, nach denen eine farbige Übereinstimmung zu erzielen ist: man sucht die Wirkung entweder in der Abtönung auf die Nuancen oder auf den Kontrast. Die erste Methode herrscht heute weitaus vor und hat alle süßlichen, toten und stumpfen Farben zur häufigen Konsequenz. Die zweite Methode ist die ungleich kühnere, künst
lerischere und leichtere, doch setzt sie großen natürlichen Taxt voraus, um nicht in schreiende Wirkungen auszuarten. Das Unglück wäre nicht sehr groß. Ein wenig Farbenfreude zuviel ist besser, als davon zu wenig. Es ist das heraldische Prinzip. Für die Wand sind nun alle Farben erlaubt, vorausgesetzt, daß sie nicht süßlich sind.
Wir können ganz gut ein weißes, gelbes, grünes und blaues Zimmer haben, wenn sich die Farbe der Möbel und der Hölzer damit gut verträgt. Man kann auch die Probe mit starkfarbigen Blumen machen. Ein Raum, in dem eine Blume von schöner