kräftiger Farbe nicht zur Wirkung kommt, ist koloristisch ohne weiters schlecht, wie es heutzutage leider die übergrößte Mehrzahl der Miet
wohnungen ist. Die üblichen sezessionistischen
Blumenstilisierungen an Wänden und Decken, die so häufig anzutreffenden Wasserrosen, Zyklamen, Schwertlilien und Rosen in den bekannten albernen Stilisierungen gehören in das Gebiet des groben Unfugs. Weil von dem Geschmack des Zimmer
malers, dem solche Aufgaben gewöhnlich ohne künstlerische Kontrolle überlassen werden, absolut nichts zu erwarten ist, so ist zu empfehlen, Decke und Wände weiß zu lassen oder einfärbig in einer der genannten guten Farben zu streichen, wofern überhaupt eine Einigung in Bezug auf gute Farben
wahl mit diesen Leuten getroffen werden kann. Das Sicherste bleibt also immer noch das neutrale Weiß, mit dem gelblichen Schimmer von Elfenbein, wo
durch wenigstens nichts verdorben wird. In den meisten Fällen wird dieses Elfenbein weiß die beste Zimmerfarbe sein, wenn rote oder gelbe Hölzer, Mahagoni oder Kirschbaum an den Möbeln Vor
kommen. In anderen Fällen kann die passendere Komplementärfarbe nach Maßgabe des gegebenen Mobiliars nachträglich den Wänden gegeben werden. Es ist selbstverständlich, daß man aus der Empfin
dung der farbigen Wirkung heraus zu einer dekorativen Musterung kommt, die aus einer Zusammen
setzung von einigen sehr starken Farbenwerten bestehen und dennoch eine außerordentlich gleich
mäßige und ruhige Wirkung tun kann. In Bezug auf die Farbe des Bodens oder Bodenbelages gilt dasselbe wie von den Wänden. Die Farbe sei schön und kräftig, womöglich im Gegensatz zur herrschenden Farbe der Möbel und der Ton sei einheitlich. Der Grundsatz kann uns nützen, daß wir in der Farbe kühn und in der Zeichnung zurückhaltend sein müssen. Die künstlerische Begabung kann alles wagen. Nur die Ungeschick
lichkeit geht fehl. Von der gut gewählten Farbe der Wände und des Bodens, namentlich wenn sie einen Kontrast ausdrückt, hängt die künstlerisch dekorative Wirkung von Blume, Plastik und Bild ab, die wir ins Zimmer bringen. Die Blumen und die farbige Keramik, als Vase und Klein
plastik gehören zum vornehmsten Schmuck des Raumes. Mit Bildern ist vorsichtig umzugehen. Ein farbig gutgestimmter und architektonisch gut
gegliederter Raum kann leicht durch das Bild eine Störung empfangen. In einem solchen
Raum sind Bilder ganz zu entbehren. Es wird nichts fehlen, wenn sie nicht da sind. Das Bestreben muß immer darauf hingehen, Bilder in der Miet
wohnung überflüssig zu machen. Eigentlich sind sie ja hier überflüssig. Wo immer sie in der Miet
wohnung angebracht werden, dort werden sie in
der Regel aus ganz anderen Gründen, als aus raumkünstlerischen angebracht. Die Bildwerke, die für die Mietwohnung zur Verfügung stehen, sind
Schrank aus dem Speisezimmer.
CARL WITZMANN.
CARL WITZMANN.Rauchtisch u. Blumentisch
aus dem Speise-Zimmer.