rungen aus dem Tiroler Freiheitskampf wieder aufnahm. Aber damit verbindet sich in der nun vollendeten größten Darstellung dieser geschichtlichen Begebenheiten ein auch früher schon bewiesenes Furioso. Die kleine Puster
taler Gemeinde St. Martin im Gsies will heuer ihrem Schießstand eine Erinnerung an das blutige Jahr stiften; es ehrt sie, daß sie es durch einen freien Auftrag an ihren
Landsmann Egger-Lienz tat, anstatt eines der üblichen steinernen Denkmäler zu errichten.
In dem „Haspinger, 1809“ (Abb. S. 395) ist es aus dem tiefen Verstehen jener mächtigen Bewegung geholt, daß die Volkskraft wie nach geöffnetem Stauwehr losbricht, den rot
bärtigen Kapuzinerpater als Führer voran. Kein Kleinzeug der Einzelzüge von Ort und Tracht, keine lodernden Flammen geben farbig die Begebenheit wieder; durch bauerngrobe
Umrisse und durch ein verschieden getöntes Braunrot ist die Entschlossenheit dieser Schar ausgedrückt. Mit demselben kühnen Wurf eines Freskanten hat Egger-Lienz in den beiden „Säemännern“ (Abb. S. 394) die bib
lische Legende von dem Satan behandelt, der zwischen das gute Saatkorn das Unkraut streut. Daß aber der Künstler nicht in die summarisch-symbolisch vereinfachende Dar
stellungsweise verrannt ist, geht aus einigen andern seiner Bilder hervor: ein Knabenbildnis ist wohlig rund modelliert, ein „Mit
tagessen“ in der Bauernstube im vollen Licht
reiz farbig aufgefasst. Wie er seine Typen aus dem sie formenden Alltagsleben holt, zeigt ein „Sarntaler Bauer“, der schwer und
arbeitsmüde heimkehrend gewohnheitsmäßig nach dem Weihbrunnkessel am Türpfosten langt, und der „Vorfrühling in Tirol“ gibt
ALBIN EGGER-LIENZ DIE BEIDEN SÄEMÄNNER
Frühjahr-Ausstellung der Wiener Secession