Solche Briefe schlugen die Brücke zu den Bildern van Goghs, die zuerst durch die Heftigkeit des Vortrags ihre Verzerrungen hatten befremden müssen.
So wie aus den Briefen spricht sein Menschentum ergreifend aus jedem Bild. In den Bildern der Frühzeit bekundet sich sein Mit
gefühl mit den Armen und Beladenen, durch
das Betonen der sozialen Note, später, als er sich über die Erde und ihre Miseren im ikarischen Flug seiner Farbenträume erhebt, wird ihm irgend ein Naturausschnitt, ein Stück Acker, eine Zypresse (Abb. unten), eine Blume zum Abbild der zerrissenen, sich krümmenden, immer wieder aufwärts zum Licht strebenden Menschenseele.
Aber in welchen Zwiespalt mit der Welt muß ein solch organisierter Künstler kommen:
zur selben Zeit, da er keine größere Freude kennt, als seine Bilder an die wenigen Gleich
gesinnten zu verschenken, da er mit seiner „Berceuse“ eine Matrosenkneipe schmücken will, schreibt er seinem Bruder Theo, dessen nie versiegender Hilfe er, solange er malte,
seinen Unterhalt verdankte: «Je te rendrai l’argent, ou je rendrai 1’äme». Er bezahlte mit dem Leben. Und wie ein Siegel darauf steht das Wort, das er zuletzt sprach, als er sich eine Kugel in den Leib geschossen hatte. „Die Traurigkeit würde immer dauern“, sagte er kopfschüttelnd zu denen, die ihm durch Aussicht auf Heilung wieder Lebensmut ein
zuflößen suchten. Wie mischen sich in diesem Ausspruch der Ekel an der Welt, die ihn zu
rückstieß, das Bewußtsein, mit seiner Leistung an die Grenze der Möglichkeiten gelangt zu sein, die Enttäuschung schließlich, auch mit der Kunst nicht zum Menschen gefunden zu haben.
ln van Goghs künstlerischer Entwicklung lassen sich leicht drei Perioden abgrenzen: die Zeit der langsamen Vorbereitung in Holland 1881 bis Nov. 1885, der Aufenthalt in Paris
Ende 1885 bis Febr. 1888, d. h. die Aufrüttelung aller Energien, die Erkenntnis des Wegs, den er einzuschlagen hat, die Aneignung derjenigen technischen Hilfsmittel, die seinen malerischen
VINCENT VAN GOGHLANDSCHAFT MIT ZYPRESSE