ZUR JAHRHUNDERTFEIER DER K. AKADEMIE MÜNCHEN 1909ANGELO JANK
ja freilich auf bäuerlichem Boden und besinnt sich, wie weiland Erzbischof Willigis von Mainz, seiner Herkunft oft und gerne. Aber die Künstler lieben die Herren Dachauer und die Fräulein Miesbacher etwas zu innig und porträtieren sie in diesen Festkarten ein wenig zu viel. Eigentliche Berechtigung haben sie ja nur für die Bauernkirta, und dafür haben
Künstler wie Ignatius Taschner, Rudolf
Schiestl, F. Reiter und andere treffliche Blätter gezeichnet. Taschner natürlich voran: Er arbeitet auch diese Dinge mit vollendeter Sorgfalt und
Meisterschaft. Er hat nicht nur die Derbheit, sondern auch die stilistische Strenge des alten Holzschnittes. Unnachahmlich, wie er den Kopf seiner alten Bäuerin in den Raum setzt! Man fühlt: das muß so sein. Sehr
reizvoll ist auch R. Schiestl’s ZeichnungzurBauernkirta 1906. Sie hat wirklich selber etwas von der Schlichtheit, Strenge und naiven Sinnlichkeit der bäuerlichen Kunsterzeugnisse. Vor allem verrät sie Gefühl für Fläche und für plakatistische Haltung. So lustig und leicht die Anlässe zu solchen Kunstübungen sind, sie haben eben als künstlerische Produkte
J. SCHÖNMANN PRESSEFEST 1909
doch ihre Gesetze. Gesetze, die unsere heutigen Künstler im allgemeinen besser wahren als ihre Vorgänger, ja sogar als sie selbst in früheren
Jahrzehnten. Am modernen Plakat ist eben doch sehr vieles gelernt worden. Man arbeitete früher solche Einladungskarten sehr penibel aus, man zeichnete in ängstlicher Federmanier ganze Schocks von Figuren hin, ohne einheit
liche Bildfläche oder geschlossenen Bildraum zu beachten. Die kreuz und quer an mögliche und unmögliche Stellen hingemalte
Schrift zerstörte die Rauman
schauung vollends. Man sagte sich auch nicht, daß eine Ein
ladungskarte freier, leichter und flotter gezeichnet sein müsse als eine Studie nach der Natur. Heutzutage werden fast alle diese Fehler vermieden. Die
Künstler gehen ökonomischer mit ihren Mitteln um, errei
chen aber ihren Zweck sicherer,
da sie das Ganze der Wirkung besser im Auge behalten.
Freilich ist nicht alles gleichwertig. An die Schlagkraft Taschnerschen Humors, an die geistreichen, geschickten Far
benarrangements F. Erlers, an die trockene, souveräne Satire der Gulbransson’schen Linie reichen nur wenige Leistungen